Leonard Bernstein

AP

Gedanken für den Tag

Reinhard Scolik über Leonard Bernstein

"Das Höchste und das Weiteste" - Zum 100. Geburtstag von Leonard Bernstein macht sich Reinhard Scolik, Fernsehdirektor des Bayerischen Rundfunks, Gedanken zu und von dem Menschen und Musiker. - Gestaltung: Alexandra Mantler

Landsberg am Lech - in dieser Stadt, in der Hitler 1924 in Festungshaft gesessen hatte, ereigneten sich nach dem Krieg zwei bedeutsame Ereignisse: Johnny Cash kam 1951 nach Landsberg und kaufte sich dort seine erste Gitarre. Drei Jahre davor, 1948, war Leonard Bernstein in Landsberg und dirigierte dort das "Dachau Symphonie Orchester".

Um nach Landsberg fahren zu dürfen, hatte die amerikanische Militärbehörde von ihm verlangt, zuvor ein Konzert des Bayerischen Staatsorchesters zu dirigieren. Bernstein schreibt dazu: "Sie benahmen sich in dieser ersten Probe ganz schrecklich. Doch nach einer halben Stunde änderte sich das: Sie lagen mir zu Füßen. Das war für mich so eine Art Offenbarung über den Charakter der Deutschen - die beiden Seiten der Medaille: der Sklave und der Meister; einerseits Herrenrasse und andererseits dazu erzogen, Befehlen absolut zu gehorchen."

Die Konzerte in Landesberg berührten ihn sehr: "Nur 16 von 65 Musikern hatten Nazifolter und -terror überlebt. Die Überlebenden spielten für die Insassen des Lagers - man kann sich kaum vorstellen wie ergreifend das war. Geradezu unglaublich aber war es, dass in beiden Konzerten in Landsberg die ersten drei Reihen von Mitgliedern genau dieses ehemaligen Nazi-Orchesters aus München gefüllt waren, das Orchester, das Bernstein zuvor dirigiert hatte. Das ganze Orchester, etwa 100 Mann, war gekommen. Sie lagen quasi auf den Knien, hatten Blumen mitgebracht und legten Rosen aufs Podium. Das war eine Art Buße für sie, wie ein Jom Kippur war das für diese Deutschen, die mich in der ersten Orchesterprobe gehasst hatten.

Nachher glaubte ich, ich würde nie wieder nach Deutschland kommen. Auf jener Reise 1948 war ich auch in Wien. Der Erfolg war dort ebenfalls groß. Aber auch nach Wien wollte ich nie mehr zurück." Es kam ganz anders und er kam oft. Dem BR-Symphonieorchester und den Wiener Philharmonikern blieb er bis zu seinem Tod eng verbunden. Der Grund für ihn war ganz einfach: ".weil ich ihre Liebe zur Musik so liebe. Und Liebe vermag sehr viel."

Service

Leonard Bernstein, "Worte wie Musik", Verlag Herder
Jonathan Cott, "Leonard Bernstein. Kein Tag ohne Musik", Verlag btb
Peter Gradenwitz, "Leonard Bernstein. Eine Biografie", Atlantis Musikbuch

Kostenfreie Podcasts:
Gedanken für den Tag - XML
Gedanken für den Tag - iTunes

Sendereihe

Gestaltung

Übersicht

Playlist

Komponist/Komponistin: Leonard Bernstein
Album: ISAAC STERN / A LIFE IN MUSIC / VOLUME 15
* I. Phaedrus - Pausanias : Lento, Allegro (00:07:00)
Titel: Serenade für Violine, Streichorchester, Harfe und Schlagwerk nach Platons "Das Gastmahl"/"Symposium"
Solist/Solistin: Isaac Stern /Violine
Orchester: Symphony of the Air
Leitung: Leonard Bernstein
Länge: 02:00 min
Label: SONY SMK 64508

weiteren Inhalt einblenden