Leporello
Urbane Erkundungen
Festival urbanize: Grätzelhood
23. Oktober 2018, 07:52
Wer vom Dorf in die Stadt zieht, weiß sie anfangs sehr zu schätzen: Die Anonymität der Großstadt. Kaum soziale Kontrolle, keine familiären Verpflichtungen. Doch auch hier, in grauen Wohnblöcken und riesigen Zinshäusern, kannte man einst die Nachbarschaft, weiß Elke Rauth, Herausgeberin des Magazins "Dérive", der Zeitschrift für Stadtforschung. Ab morgen findet das 9. Urbanize Festival für urbane Erkundungen in Wien in der Nordbahnhalle statt. "Grätzelhood" ist der diesjährige Festivaltitel. Es geht um neue Ideen für Nachbarschaft und Solidarität in der Stadt, erklärt Organisatorin Elke Rauth. Den Greißler ums Eck gibt es schon lange nicht mehr, auch die Tschocherl werden von Jahr zu Jahr weniger. Mit dem Neoliberalismus verschwanden viele Orte des sozialen Miteinanders, die früher selbstverständlich waren. Doch in jüngster Zeit lässt sich eine Umkehr beobachten: Grätzel werden wiederbelebt, Initiativen gegen die Vereinzelung organisiert. "Urbanize" stellt einige von ihnen vor. Da gibt es Kleinunternehmen, die sich gegenseitig unterstützen, Nachbarschaftsstammtische und Mehrgenerationen-Wohnprojekte.
Die Landschaftsplanerin Irene Bittner hat sich als Feldforscherin unter die jungen Grätzelbewohner im 20. Bezirk begeben. Auf ihrem Stadtspaziergang führt sie am kommenden Freitag hierher, aber auch an andere Orte, an denen Jugendliche "abhängen". Im Rahmen des Urbanize Festivals bietet Irene Bittner einen Spaziergang an, der durch die Parks, Straßen und leerstehenden Flächen im 2. und 20. Bezirk, dem Grätzl "Zwischenbrücken" führt. Der Park ist ein wichtiger Ort für gelebte Nachbarschaft. Doch in der Welt der Jugendlichen gibt es noch viel mehr Spielplätze. Einmal durchs Grätzel schweifen, sich bewegen wie ein Jugendlicher, das ist das Ziel des Stadtspaziergangs mit dem Titel "Wir ham uns den Käfig eing'naht". Ein Zitat von zwei jungen Frauen, die sich an ihre Kindheit im Park zurückerinnert haben.- Gestaltung: Hanna Ronzheimer
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