In der Mitte: Lise Meitner

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Dimensionen

Kungälv oder die Kernspaltung im Kopf der Frau

Zum 50. Todestag der Physikerin Lise Meitner (Teil 2)
Von Armin Stadler

Stockholm im Dezember 1938: Enrico Fermi erhält den Physiknobelpreis für die künstliche Erzeugung radioaktiver Elemente, die ihm vor vier Jahren in Rom gelungen ist. Doch schon nach ein paar Wochen muss die Königliche Akademie feststellen, dass dies ein Irrtum ist. Immerhin kommt die sensationelle Korrektur aus dem schwedischen Dorf Kungälv. Dort verbringt die österreichische Physikerin Lise Meitner die Weihnachtstage. Zur Jahreswende gelingt ihr die theoretische Deutung der Kernspaltung, die Otto Hahn und Fritz Strassmann in Deutschland durchgeführt haben. Und nun wird auch klar, dass Fermi sein Experiment von 1934 falsch interpretiert und in Wahrheit erstmals Uran gespalten hat. Eine von den Nationalsozialisten ins Exil vertriebene jüdische Physikerin klärt den männlich dominierten Forschungsbetrieb über einen kapitalen Fehler auf. Als Lise Meitner 1946 bei der Verleihung des Nobelpreises an die Kollegen Hahn und Strassmann übergangen wird, ist das der letzte hochoffizielle Diskriminierungsakt gegen eine Forscherin, deren Arbeiten zu den bedeutendsten in der Kernphysik des 20. Jahrhunderts zählen.

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  • Armin Stadler