Renate Bertlmann

ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

Intermezzo - Künstlerinnen und Künstler im Gespräch

"Wir sind keine Genies!" - Renate Bertlmann

"Wir sind keine Genies!" - Die österreichische Künstlerin Renate Bertlmann zu Gast bei Christine Scheucher

Sie inszenierte sich als schwangere Braut im Rollstuhl, gestaltete Installationen aus Plastikpenissen und Saugnäpfen von Babyflaschen und hat Vibratoren und Messerklingen zur Skulptur verschmolzen. Um die Spielarten patriarchaler Gewalt zu verstehen, recherchierte Renate Bertmann schon in den 1970er Jahren in Sexshops und fand dort das Material ihrer Kunst. Die Schwellenangst diese Tempel männlicher Lust zu betreten, war zunächst groß. Für ihre erste Arbeit mit Präservativen schickte Bertlmann noch ihren Mann vor, der in einer öffentlichen Toilette das gewünschte Material besorgte.

Die österreichische Künstlerin Renate Bertlmann fragt in ihren Arbeiten danach, wie sich die patriarchale Unterdrückung im Reich der Zeichen und Symbole fortpflanzt. In ihren Installationen und Skulpturen entweiht Bertlmann das männliche Geschlecht, gibt es zuweilen der Lächerlichkeit preis, oder stellt Szenen sexueller Gewalt nach. Bertmann lässt aus Plastikkakteen pinke Dildos wachsen, ganz so als handle es sich um exotische Blüten. Das sieht poppig und äußerst dekorativ aus, versinnbildlicht aber wohl auch die Aggressionen männlicher Sexualität. Dennoch ist Renate Bertlmanns feministische Haltung weit davon entfernt, Männerhass zu verbreiten und stets von einem ironischen Lächeln grundiert: Das Phallus-Symbol als buntes Plastikspielzeug macht letzthin doch einen recht kümmerlichen Eindruck.

Sexshops als Fundgrube

In diesem Jahr wird Renate Bertlmann Österreich auf der Kunstbiennale in Venedig vertreten. Seit 123 Jahren nimmt Österreich bei der Biennale teil. Kaum zu glauben, dass in diesem Jahr zum ersten Mal die Einzelpräsentation einer Künstlerin gezeigt wird. Mit Renate Bertlmann schickt Kommissärin Felicitas Thun-Hohenstein eine Künstlerin ins Rennen, die bereits in den 1970er Jahren und 1980er Jahren mit ihrer feministischen Haltung provoziert hat. Die heute 76-Jährige wurde wie viele Frauen ihrer Generation vom Kunstbetrieb lange übersehen und startete erst jenseits der 60 richtig durch. 2017 wurde Bertlmann mit dem Großen Österreichischen Staatspreis ausgezeichnet. Trotz später Anerkennung ist die Künstlerin kein bisschen bitter. Auf die Frage warum ihre Karriere nur langsam Fahrt aufgenommen hat, antwortet sie augenzwinkernd: "Wir sind eben keine Genies! Wie die Männer."

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