
THEATERPUNKT
Leporello
Beckett und Proletenpassion
10. Mai 2019, 07:52
Happy Days von Samuel Beckett
Anfang der 1960er Jahre wurde Samuel Becketts Zweiakter "Happy Days" in New York uraufgeführt. Gestern war das Stück in deutscher Fassung in der Wiener Galerie Thoman, in einer Inszenierung von Sabine Mitterecker erstmals zu sehen. Der Anlass ist Becketts 30. Todestag in diesem Jahr. Morgen, sowie am 14. 17. 18. 23. und 24. Mai, wird "Glückliche Tage" abermals in diesem, für ein Theaterstück ungewöhnlich intimen Rahmen gezeigt. Sabine Mitterecker war dabei die Nähe zwischen Schauspieler und Publikum wichtig, die sich durch die Räumlichkeit ergibt und Becketts Texte vermutlich noch intensiver erleben lässt. 1906 in Dublin geboren, lebte Samuel Beckett ab 1937 in Frankreich. 1940 schloss er sich dem französischen Widerstand an. Als einer der bedeutendsten Schriftsteller des 20. Jahrhunderts bekam er 1969 den Literatur-Nobelpreis. Der Preisverleihung blieb er allerdings fern. Wie kaum ein anderer hat Beckett das Theater in der Abstraktion auf die Spitze getrieben und es davon befreit, die Welt zu bebildern, Geschichten zu erzählen oder Bedeutungen zu vermitteln. So werden bei Beckett Sätze zu Fragmenten, gehen Worte und Bedeutungen keine stabilen Verhältnisse mehr ein, öffnen ein ganzes Spektrum von Welt-Möglichkeiten. Während die Theaterkritik in den 60er Jahren irritiert und hilflos reagierte, gehört "Glückliche Tage" heute - neben "Warten auf Godot" und "Endspiel" - zu Samuel Becketts meistgespielten Stücken. - Gestaltung: Ursula Mürling-Darrer
Proletenpassion im 21.Jahrhundert
Morgen Abend bietet die Lugner-City im 16. Wiener Bezirk die Bühne für eine dort untypische Veranstaltung: Die Proletenpassion in ihrer Neufassung aus 2015. Vielen noch ein Begriff aus den 1970er Jahren, war die Proletenpassion ein politisches Oratorium der "Schmetterlinge". Ihr Ziel war, damit der offiziellen Geschichtsschreibung aus der Perspektive der Herrschenden eine Perspektive der Beherrschten gegenüberzustellen. Beginnend mit den Bauernkriegen spannt sich der historische Bogen bis ins "damalige Heute": die 1970er. Die sechs musikalischen Stationen handeln von erfolgreichen und gescheiterten Widerständen. Nach der Uraufführung 1976 bei den Wiener Festwochen, tourte die Politrock-Gruppe damit bis in die 80er Jahre durch den deutschsprachigen Raum. Dann war einige Jahre Stille, bis 2015 - unter der musikalischen Leitung der Musikerin Eva Jantschitsch alias "Gustav" - das Werk von jüngeren Künstlerinnen und Künstlern neu adaptiert ins 21. Jahrhundert geholt wurde. Der Erlös des Abends kommt BOEM zu Gute. Der Verein arbeitet seit 2010 an künstlerischen und ökonomischen Interventionen, die Arbeitsplätze und künstlerische Produktionen schafft. Dabei ist unter anderem der von Geflüchteten und Arbeitsmigrantinnen geführte Cateringbetrieb: Migrating Kitchen entstanden - der über zwei Jahre die gastronomischen Grenzen Wiens erweitert hat. Nun hoff Obmann Alexander Nikolic auf eine Reorganisation. Die Lugner City wurde übrigens deswegen als Veranstaltungsort gewählt, weil sich dort genau jene Menschen aufhalten, die man an anderen Veranstaltungsorten kaum antrifft, aber doch erreichen möchte.- Gestaltung: Ursula Mürling-Darrer
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