Anhängerin des Mandäismus während einer Schöpfungsfeier im Irak

AP/HADI MIZBAN

Gedanken für den Tag

Franz Winter über Weltentstehungs- und Schöpfungsmythen

"Entstehen und Erwachen". Franz Winter, Religionswissenschaftler an der Universität Graz, will einen Einblick in das Kunterbunt der verschiedenen Weltentstehungen liefern und spannt den Bogen dabei von den Schöpfungsmythen der monotheistischen Religionen bis hin zu asiatischen Weltentstehungsmythen. - Gestaltung: Alexandra Mantler

Wie ist die Welt entstanden? Religionen beantworten diese Frage seit jeher mit Mythen und Bildern. Heute: eine kleine Exkursion in den ostasiatischen Raum zum sogenannten Shinto, einer für Japan relevanten Religionstradition.

Das, was man heute unter Shinto versteht, ist im Wesentlichen gestaltet worden im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert, allerdings greift die Shinto-Tradition auf viele Elemente zurück, die sehr viel älter sind. Unter anderem auch auf den ältesten Text der japanischen Kulturgeschichte überhaupt, das so genannte Kojiki, was übersetzt so viel bedeutet wie die "Aufzeichnungen alter Begebenheiten" oder "Bericht von den Alten Dingen", der 712 n.Chr. niedergeschrieben wurde.

Darin findet sich am Anfang auch eine Beschreibung der Weltentstehung, die recht spektakulär ist. Vorausgesetzt wird dabei, dass bereits etwas vorhanden ist, auf Basis dessen die Welt dann hervorgebracht wird. Es ist dann das Götterpaar Izanami und Izanagi, das auf Anordnung von ihnen vorgeordneten Göttern zu agieren beginnt. Sie befinden sich zunächst in einem Raum, der nur aus Wasser, Luft und einer frei schwebenden Brücke zu bestehen scheint. Auf dieser Brücke stehen die beiden Götter nun und rühren das salzige Wasser mit einem juwelenbesetzten Speer um. Und aus den Tropfen, die dann herunterfallen, entsteht die Ur-Insel Onogoro, was wörtlich "die von selbst Geronnene" bedeutet. Allerdings muss diese erste Schöpfung wieder korrigiert werden, weil das Götterpaar beim anschließenden Hochzeitsritus einen Fehler macht und eine Missgeburt hervorbringt. Erst beim zweiten Anlauf gelingt der Vorgang und es entstehen als erstes die acht großen Inseln Japans.

Aber selbst danach geschehen dem Götterpaar Izanami und Izanagi weitere Missgeschicke, die zum Beispiel zur Abtrennung der Unterwelt, der Welt der Toten, führen und damit endgültig den Kreislauf von Leben und Tod für die Menschen eröffnen. Dieser wäre uns nämlich ansonsten erspart geblieben. Auch Götter machen also zuweilen schwere Fehler.

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Taki Rentaro/1879 - 1903
Bearbeiter/Bearbeiterin: Akio Yashiro/1929 - 1976
Album: JAPANISCHE MELODIEN FÜR FLÖTE UND HARFE
Titel: Der Mond über der Schloßruine ( Kojo no Tsuki )
Solist/Solistin: Jean Pierre Rampal /Flöte
Solist/Solistin: Lily Laskine /Harfe
Länge: 03:37 min
Label: Denon 8115

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