Ein Mann genießt die Sonne auf einer Parkbank

APA/ROLAND SCHLAGER

Leporello

Sommerreprisen

Der Klang der Großstadt

Das Ohr als Eingang zur Welt. Diese Vorstellung steht sinnbildlich für das jüngste Unterfangen des Stadtforschers Peter Payer. "Der Klang der Großstadt. Eine Geschichte des Hörens. Wien 1850 -1914" heißt das soeben bei Böhlau erschienene Buch, in dem Payer die Geschichte Wiens um den akustischen Aspekt bereichern will.

Motorengeknatter und Pferdegetrappel, Hupsignale und Peitschenknallen, Kutscherrufe und Marktgeschrei, Straßenbahn- und Fahrradgebimmel. Diese Geräuschkulisse polarisierte die Bevölkerung der Großstädte um 1900. Zum einen kam erstmals der Begriff "Lärmbelästigung" auf. Lärmschutzbewegungen, übrigens unter federführender Beteiligung Hugo von Hofmannsthals, wurden gegründet. Aber auch eine gegnerische Fraktion tat sich alsbald hervor. Zahlreiche Künstler und Intellektuelle in Wien und anderen Metropolen zeigten sich berauscht vom Klang der großen Stadt.

In Italien verherrlichten die Futuristen das Getöse der Stadt in ihrem Manifest "L' arte dei rumori" - "Die Kunst der Geräusche". Darin brachten sie die lärmende Menge der Straße mit den technischen Errungenschaften wie dem Explosionsmotor oder einem Sägewerk in Einklang und erkoren dieses Zusammenspiel zu Musik von höchster ästhetischer Qualität. - Nur schade, dass all die Klangkulissen nicht überliefert sind. Denn es existieren keinerlei akustische Aufzeichnungen aus jener Zeit. Forscher wie Peter Payer mussten die Quellen lesen - um sie zu hören.

Es gibt Zonen in Wien, in denen auch bei aller nostalgischen oder ästhetischen Betrachtung nichts anderes herrscht als Höllenlärm. Steht man aber nicht gerade am Gürtel oder einer ähnlichen Verkehrsader, dann sollte man einmal die Muße finden, auf Erkundungstour zu gehen und ganz Ohr zu sein, so der Stadtforscher Peter Payer. Das Gewirr von Stimmen, Klängen und ja - auch von Lärm - hört sich dann als lebendiger Ausdruck einer Stadt in Bewegung an.-
Gestaltung: Christa Eder

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