ANDREAS RICHTER
Vom Leben der Natur
Baumlose Kältesteppe
Der Ökologe Andreas Richter über die arktische Tundra.
Teil 3: Steinringe, Pingos und Polygone.
Gestaltung: Jakob Fessler
24. Juli 2019, 08:55
Die arktische Tundra grenzt im Norden an die arktischen Eisgebiete und im Süden an den nördlichen Nadelwald. Die größten Teile der Tundra liegen in Russland, Kanada und auf Grönland, weitere im US-Bundesstaat Alaska sowie in Nordeuropa. Vom Menschen ist die Tundra nur sehr dünn besiedelt. Vereinzelt gibt es Nomaden mit Rentieren. In der Tundra zu forschen ist herausfordernd. Tiefe Temperaturen, abgelegene Standorte und das Forschen in Feldlagern mit eingeschränkter Infrastruktur erschweren die Arbeit.
Die Tundra ist gekennzeichnet durch ein extremes Klima. Kalte Winter, kurze Vegetationsperioden, starker Wind, Permafrostböden und Staunässe ermöglichen es nur wenigen Pflanzen zu überleben. Im Laufe der Jahreszeiten verändert die Tundra ihr farbliches Erscheinungsbild. Im Winter überspannt eine weiße Schneedecke die Landschaft, im Frühling dominieren Blätter und Pflanzenteile in Grün- und Braunschattierungen, später im Sommer bunte Blüten. In der Tundra gibt es keine Bäume, sondern nur kleinere Pflanzen. Dazu zählen strauchähnliche Gewächse wie etwa Zwergbirken sowie Gräser und Moose.
Die Vegetationsperiode beträgt in der Tundra nur wenige Wochen. In dieser Zeit müssen die Pflanzen zum Fruchten kommen und Samen ausbilden. Manche Pflanzen legen schon im Herbst Blüten an, die im darauffolgenden Frühjahr nach dem Verschwinden der Schneedecke möglich rasch zu blühen beginnen und dann befruchtet werden können. Bei anderen Arten kommt es zu Viviparie. Dabei entsteht an der Mutterpflanze selbst ein Sämling, der dort geschützt zu wachsen beginnt und erst später zu Boden fällt, um als eigenständige Pflanze weiterzubestehen.
Die Tundra besteht aus Permafrostböden. Diese sind in einer gewissen Tiefe permanent gefroren. Darüber liegt eine sogenannte "aktive Zone", die im Sommer auftaut. Im Laufe der Jahreszeiten frieren Teile des Bodens ein und tauen später wieder auf, wodurch sich die Bodenschichten durchmischen. Diese Kryoturbation prägt auch die Landschaft oberhalb der Bodenschichten. So entstehen etwa Steinringe. Durch Frosthebungen können außerdem bis zu 60 Meter hohe Hügel, sogenannte Pingos, sowie vieleckige Bodenformen in der Landschaft entstehen.
Die Tundra ist ein sensibles Ökosystem. In den Permafrostböden sind enorme Mengen an Kohlenstoff gespeichert sind. Durch die Kälte und die Feuchtigkeit können Mikroorganismen den organischen Kohlenstoff nur eingeschränkt zu Kohlendioxid abbauen. Eine wärmere Tundra aufgrund des Klimawandels könnte eine Freisetzung großer Kohlenstoffmengen in Form von Kohlendioxid und Methan zur Folge haben.
Service
Interviewpartner:
Univ.-Prof. Dr. Andreas Richter
Universität Wien
Department für Mikrobiologie und Ökosystemforschung
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