Carla Amina Baghajati

ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

Praxis Spezial

Standpunkte muslimischer Frauen

Musliminnen vorm Mikro: Seyran Ates und Carla Amina Baghajati diskutieren im Studio aus unterschiedlichen Positionen darüber, wie der Sache der muslimischen Frauen am besten gedient wäre. - Moderation: Alexandra Mantler, Regie: Judith Fürst

Muslimische Frauen in Österreich sehen sich offenbar zusehends unter Druck, und dieser hat sie zu einer Deklaration veranlasst, in der sie mehr Mitspracherecht fordern.
Unter dem Titel "Musliminnen am Wort" fordern sie darin nicht nur mehr Mitsprache und Selbstbestimmung, sondern auch weniger hitzige Debatten um das Kopftuch. 3.500 Frauen haben das unterzeichnet, die IGGÖ, die Islamische Glaubensgemeinschaft Österreichs, stellt sich hinter die Unterzeichnerinnen. Einer der Hauptkritikpunkte in der Deklaration: Die muslimischen Frauen stellen fest, ständig werde ÜBER sie gesprochen, aber selten MIT ihnen.

Im Rahmen unserer Sommerserie "Das Beste zum Wiederhören" bringen wir eine Diskussion mit dem Titel "Musliminnen vorm Mikro" vom vergangenen April. Bei Alexandra Mantler im Studio diskutieren zwei prominente muslimische Frauen, die sich beide seit vielen Jahren für die Belange von Musliminnen einsetzen, wenn auch mit unterschiedlichen Positionen, Schwerpunkten und mit offenbar unterschiedlichen Ansichten darüber, auf welche Art und Weise der Sache der muslimischen Frauen am besten gedient wäre:

Die deutsche Frauenrechtlerin und liberale Muslimin Seyran Ates. Die Rechtsanwältin und Imamin hat 2017 im Berliner Stadtteil Moabit eine "Liberale Moschee" eröffnet, in der Muslime aller Glaubensrichtungen sowie Frauen und Männer gemeinsam beten. Für manche sind ihre Ansichten ein rotes Tuch und sie steht nicht umsonst unter Polizeischutz.

Und Österreichs wohl bekannteste Muslimin Carla Amina Baghajati. Sie war lange Pressesprecherin der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich. Jetzt ist sie Obfrau des "Forums Muslimische Frauen Österreich".

Die Deklaration "Musliminnen am Wort", bei der Carla Amina Baghajati eine der Projektleiterinnen war, richtet sich auch an die eigene muslimische Community. Etwa: Männer sollten sich in der Kopftuchdebatte zurückhalten, die Frauen könnten durchaus für sich selbst sprechen. Andere Forderungen lesen sich dann eher klassisch feministisch: Da geht es um Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Arbeit gegen Gewalt an Frauen und für mehr Teilhabe und Mitsprache auch in den islamischen Verbänden und Organisationen.

"Nichts Neues" sieht dagegen Seyran Ates in der Deklaration. Hat sie doch in Berlin im Juni 2017 eine "Liberale Moschee" eröffnet. Männer und Frauen beten dort gemeinsam. Gleichberechtigung, Menschenrechte und Meinungsfreiheit sollen groß geschrieben werden. Auch Frauen sollen die Funktion einer Imamin ausüben. Die Eröffnung so einer "Liberalen Moschee" hat Seyran Ates auch für Wien angekündigt, das Projekt allerdings vorerst, weil sie derzeit mit anderen Projekten im Bildungsbereich beschäftigt sei, zurückgestellt.

Seyran Ates ist auch Mitbegründerin der "Initiative säkularer Islam" und zeigt sich besorgt über einen zunehmenden Islamismus. In einer Deklaration der Initiative heißt es etwa: "Wir wollen uns nicht abfinden mit der wachsenden Macht eines demokratiefernen, politisierten Islams, der die Deutungshoheit über den gesamten Islam beansprucht." Mit massiver Kritik war Seyran Ates allerdings auch im vergangenen November konfrontiert worden, als sie eine Einladung des Freiheitlichen Bildungsinstituts angenommen hat, um dort einen Vortrag zum Thema "Der politische Islam und seine Gefahren für Europa" zu halten.

Im Praxis-Studiogespräch diskutieren Seyran Ates und Carla Amina Baghajati über Verhüllung, Kopftuchverbote, Politischen Islam, Islamophobie und Frauenrechte.

Service

Carla Amina Baghajati, "Muslimin sein: 25 Fragen - 25 Orientierungen", Verlag Tyrolia
Christine De Grancy, Carla Amina Baghajati, Ruud van Weerdenburg, "Tausend und eine Spur. Ein Schloss, zwei Frauen und mehr als drei Wege in den Orient", Kultur Service Gesellschaft Steiermark
Seyran Ates, "Der Multikulti-Irrtum", Ullstein Verlag
Seyran Ates, "Der Islam braucht eine sexuelle Revolution. Eine Streitschrift", Ullstein Verlag
Seyran Ates, "Selam, Frau Imamin. Wie ich in Berlin eine liberale Moschee gründete", Ullstein Verlag
Seyran Ates, "Große Reise ins Feuer. Die Geschichte einer deutschen Türkin", Rowohlt Taschenbuch
Seyran Ates, "Wahlheimat. Warum ich Deutschland lieben möchte", Ullstein Verlag

Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich: Musliminnen am Wort
Seyran Ates
Forum Muslimische Frauen Österreich
Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen
Ates will liberale Moschee in jeder Europa-Hauptstadt
ibn Rushd - Goethe Moschee

Sendereihe

Gestaltung