Michael Schottenberg

APA/ROLAND SCHLAGER

Gedanken für den Tag

Michael Schottenberg über das Leben

"Innehalten". Michael Schottenberg, Schauspieler, Regisseur und Autor, macht sich Gedanken über das Reisen, das Theater, das Schreiben, die Leidenschaft und das Fremde. Gestaltung: Alexandra Mantler

Natürlich schreibe ich schon mein Leben lang. Geschickt verbarg ich mich bei meinen Überschreibungen hinter Nestroy, Ibsen oder Shakespeare, ohne dass ich je enttarnt wurde - weder von Kritikern, noch von meinem Publikum. Nun löse ich mich aus dem Schatten des Balkons, auf dem die angebetete Roxane steht. Cyrano de Bergerac, Himmelsstürmer und Philanthrop verneigt sich vor der Welt. Mit all der Leidenschaft, die ich in meinem alten Leben auf der Bühne verbracht habe, trachte ich heute den Worten des deutschen Philosophen Martin Buber gerecht zu werden: "Das Alter ist ein herrlich Ding, wenn man nicht vergessen hat, was Anfangen heißt" gerecht zu werden. Womit ich wieder am Beginn angekommen wäre.

Auf Reisen verwandeln sich meine Gedanken zu winzig kleinen surrealen Zeichen, die keiner außer mir zu entziffern vermag. Eine Unmenge davon kritzle ich auf leere Tagebuchseiten. Dies ist zu meinem neuen Leben geworden. Als Geschichten-Erzähler suche ich jenes Abenteuer, für das es lohnt, alle Mühen in Kauf zu nehmen: Die Begegnungen mit Menschen und die Rückkehr zu mir selbst.

Meine Reiseberichte erscheinen in Jahresfrist. Das Prinzip ist immer das gleiche: Ich berichte, was ich gesehen und erlebt habe. Habe ich mich in meinem bisherigen Leben um erfundene Geschichten bemüht, die oft für oder gegen eine gesellschaftspolitische Haltung standen, sind meine Geschichten nun real. Sie erzählen von Menschen, deren Welten ich entdecken darf. Die Ewigkeit eines Wimpernschlags trifft auf die Flüchtigkeit eines Gedankens. Dass er andauern darf, ist den Worten geschuldet, die ihn beschreiben.

Ein jeder verfolgt sein Leben als Einer unter vielen, ist sich selbst genug und ergänzt das Tun anderer zu einem unentwirrbaren, Sinn machenden Ganzen, das andernorts und in transformiertem Zusammenhang als Kunstwerk durchgeht. Die Theaterleute würden von einem ,Gesamtkunstwerk' sprechen, immer angestrebt, gelingt es doch nur selten genug. Es ist das Leben selbst, das sich als Kunstwerk erweist.

Service

Michael Schottenberg, "Von der Bühne in die Welt. Unterwegs in Vietnam", Verlag Amalthea
Michael Schottenberg, "Von neuen Welten und Abenteuern. Unterwegs in Burma", Verlag Amalthea
Michael Schottenberg, "Von Träumen und Schiffen. Unterwegs auf dem Frachtschiff Ms Karina", Verlag Amalthea

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Jean Claude Petit
Gesamttitel: CYRANO VON BERGERAC / Original Filmmusik
Titel: Finale
Orchester: Symphonieorchester
Leitung: Jean Claude Petit
Länge: 03:58 min
Label: Colosseum CST 348046

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