Medizin und Gesundheit

Nahrungsmittelunverträglichkeiten

Was, Sie haben keine?

Bei Umfragen geben weit über 20 Prozent der Bevölkerung an, dass sie nach eigener Einschätzung an einer Lebensmittel-Allergie oder -Intoleranz leiden.
Was ist da in den vergangenen 20 Jahren am Sektor der Ernährung geschehen? Schadet uns die Lebensmittelindustrie durch hochprozessierte Lebensmittel? Oder ist es mittlerweile chic geworden, ein "kleines Laktose-Intoleranzchen" zu haben, damit man bei den Tischgesprächen mit Freunden auch was Spannendes beitragen kann.
Immer mehr Menschen definieren sich und ihr Essverhalten nicht mehr über das, was ihnen schmeckt, sondern über jene Nahrungsbestandteile, die ihnen Bauchschmerzen bereiten.

Lebensmittelallergien

Bei einer echten Allergie richtet sich die köpereigene Abwehr unnötiger Weise gegen harmlose Eiweiße oder Eiweißkomplexe, die in Nahrungsmitteln vorhanden sind. Dabei werden Antikörper produziert, die diese Eiweiße attackieren und die entsprechenden Beschwerden auslösen.
Bei den echten Allergien sind Kuhmilch, Eier, Weizen, Soja oder Nüsse bei den Kindern häufig die Auslöser.
Bei Erwachsenen dominieren die sogenannten Kreuzallergien. Das bedeutet, dass zum Beispiel Birkenpollenallergiker Beschwerden im Verdauungstrakt entwickeln, wenn sie Äpfel, Steinobst, Karotten oder Nüsse essen.

Laktose- und Fruktose-Intoleranz

Eines vorweg: Die Beschwerden können recht verwirrend sein. Es kann ein für alle Beteiligten mühsamer Weg sein, die tatsächlichen Ursachen herauszufinden.
Bis zu 20 Prozent der Erwachsenen haben eine Laktoseintoleranz. Die Menge des den Milchzucker abbauenden Enzyms Laktase nimmt mit dem Alter ab. Daher kann unverdaute Laktose in die unteren Darmabschnitte gelangen und dies kann zu Durchfall und Krämpfen führen.
Ähnlich verhält es sich mit der Fruchtzucker-Intoleranz. Fruktose wird durch bestimmte Eiweiße vom Dünndarm ins Blut transportiert. Werden die Kapazitätsgrenzen dieses Systems überschritten, kann dies zu Durchfall, Blähungen und Bauchschmerzen führen. Auch davon ist etwa jede fünfte Person betroffen.

Ein besonderes Kapitel ist Gluten

Vor einigen Jahren begannen viele Prominente eine glutenfreie Ernährung zu propagieren und schilderten, wie fantastisch sie sich ohne dieses Klebereiweiß fühlen. Quasi neu geboren.
Das ist medizinisch fragwürdig. Denn es gibt nur zwei Krankheitsbilder, die nachgewiesener Weise mit Weizen zu tun haben.
Erstens: Die echte Weizenallergie, bei der das Immunsystem meist gegen Eiweiße aus der Fraktion der Albumine und Globuline Antikörper bildet. Davon ist maximal ein Prozent der Bevölkerung betroffen.
Zweitens: Bei der Zöliakie führt das Klebereiweiß Gluten beim Kontakt zu einer Schädigung der Darmschleimhaut. Unter einer Zöliakie leidet auch etwa jede 100. Person.
Daneben besteht noch eine gesteigerte Empfindlichkeit gegen Weizenbestandteile, die wahrscheinlich mengenabhängig ist.

Die ATI-Sensitivität

Amylase-Trypsin-Inhibitoren (ATI) sind Eiweiße, die unter anderem in glutenhaltigem Getreide wie Weizen vorkommen. Seit einigen Jahren wird versucht herauszufinden, ob diese ATI's dafür verantwortlich sind, dass immer mehr Menschen Getreideprodukte nicht mehr so gut vertragen.
Die Zusammenhänge sind nach wie vor nicht gelöst - ein paar Dinge sind klar: Weizen-ATI können bei Personen mit bereits bestehenden, entzündlichen Erkrankungen Symptome im und außerhalb des Darms auslösen. ATI wirken auf das Immunsystem des Darms und verschlimmern Entzündungen, wie Rheuma oder Morbus Crohn.
Es gibt noch keine Bluttests, um diese Sensitivität zu beweisen.

Eine Sendung von Dr. Christoph Leprich.
Moderation: Univ.-Prof. Dr. Manfred Götz

Reden auch Sie mit! Wir sind gespannt auf Ihre Fragen und Anregungen. Unsere Nummer: 0800/22 69 79, kostenlos aus ganz Österreich.

Gibt es Nahrungsmittel, die Sie schlecht vertragen?

Welche Beschwerden haben Sie?

Wodurch wurden diese gelindert?

Was sind Ihrer Meinung nach die Gründe für Nahrungsmittelunverträglichkeiten?

Service

Sendungsgäste im Funkhaus Wien:

Mag.a Andrea Ficala
Ernährungswissenschaftlerin
Leopold Ernst-Gasse 58/2
1170 Wien
Tel.: +43 (0)699 1799 1755
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Homepage

Univ.-Doz. Dr. Bernhard Angermayr
Facharzt für Innere Medizin, Gastroenterologie & Hepatologie
Ordination 3100 St. Pölten, Grenzgasse 11
Ordination 1090 Wien, Rummelhardtgasse 3
+43 2742 / 32 307
E-Mail
Homepage

Weitere Anlaufstellen und Info-Links:

Allergieambulanzen in Österreich
FruLak & Co. - Patienteninitiative Fruktose-, Laktose-, Histamin-Intoleranz, Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Allergien und Ernährung
Österreichische Arbeitsgemeinschaft Zöliakie
Verband der Diätologen Österreichs
Österreichische Gesellschaft für Ernährung
Lebensmittelallergien
Lactose-Intoleranz
Fructose-Intoleranz
Was ist Zöliakie?
Weizenallergie
Weizensensitivität

Bücher:

Martin Smollich, Axel Vogelreuter, "Nahrungsmittelunverträglichkeiten: Lactose - Fructose - Histamin - Gluten", Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 2018

Detlef Schuppan und Kristin Gisbert-Schuppan, "Tägliches Brot: Krank durch Weizen, Gluten und ATI", Verlag Springer 2018

Gregor Hasler, "Die Darm-Hirn-Connection: Revolutionäres Wissen für unsere psychische und körperliche Gesundheit", Verlag: Schattauer 2019

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