Medea-Statue

AP/PHELAN EBENHACK

Gedanken für den Tag

Hubert Gaisbauer über Frauen in griechischen Tragödien

"Nicht mitzuhassen" - Sechs Frauen der griechischen Tragödie und ihre Tränen. Hubert Gaisbauer, Publizist und Autor, stellt zeitlos gültige Fragen aus Jahrtausende alten griechischen Tragödien. - Gestaltung: Alexandra Mantler

Windstille im Hafen von Aulis. Dort liegen die Schiffe der versammelten griechischen Kriegsherren. Tagelang. Kampflüstern und beutegierig indes die Soldaten, es drängt sie nach Troja. Das weitere ist ja bekannt. Doch jetzt liegen lahm und unheilgeschwängert die Winde. Aufruhr gegen den Anführer der Flotte, Schluss jetzt mit Stillstand, Sättigung und Langeweile. Der Oberbefehlshaber Agamemnon, so erfuhr man aus Sehermund, der hatte nämlich vergessen, seine Vergehen gegen die göttliche Artemis rechtzeitig zu sühnen. Jetzt endlich will sie, die Göttin, den Opfertod Ipigeniens, seiner Tochter. Dann mögen sich wieder die Segel blähen im Wind auf der Fahrt in den Krieg.

Groß erhebt sich die Frage: Was ist ein Feldherr bereit, für Krieg und Sieg zu opfern? Iphigenie ist ein Mädchen und von sanftem Charakter. Sie liebt ihren Vater - und der Vater liebt sie. Doch die Staatsräson setzt sich durch. Mit List wird Ipigenie aus Mykene herbeigelockt, vorgeblich soll sie dem Helden Achill vermählt werden, bis sie erkennt: Sie muss sterben. Als wärs eines Lammes Tod. Schutzflehend wirft sie sich vor den Vater mit den berührenden Worten: "All meine Kunst besteht in Tränen, .nicht opfere meine Blüte, denn wie gern schau ich das Licht! Nicht stoße mich in finstre Nacht hinab!"

Trotz besserer Einsicht entscheidet sich Agamemnon für die Tötung seines Kindes als Opfertier, als gäbe es eine Pflicht des Menschen zur Unmenschlichkeit. Aus Feigheit und Furcht vor dem Pöbel des ungeduldigen Heers handelt er, aus Furcht vor dem Zurück. Und um den geliebten Vater nicht dastehen zu lassen als das, was er ist: ein Unmensch, schmückt Iphigenie die Zustimmung zu ihrem Tod mit dem Eichenlaub des Patriotismus. Da wird sogar die unerbittliche Artemis weich. Sie schickt eine rettende Wolke, nimmt die Tochter hinweg und Agamemnon trifft mit dem tödlichen Stoß nur eine Hirschkuh.

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Rahsaan Roland Kirk/1936 - 1977
Album: JAZZ MASTERS 27 / ROLAND KIRK
Titel: The haunted melody/instr.
Solist/Solistin: Rahsaan Roland Kirk /Saxophon < Tenorsax., Manzello, Stritch >, Pfeife
Ausführender/Ausführende: Richard Wyands /Piano
Ausführender/Ausführende: Art Davis /Bass
Ausführender/Ausführende: Charli Persip /Drums
Länge: 03:37 min
Label: Verve 5220622

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