Medizin und Gesundheit
Pros und Kontras zur Komplementärmedizin
Heiss begehrt und wild umstritten - Die lange Tradition der Komplementärmedizin in Österreich
19. Dezember 2019, 16:05
Mehr als zwei Drittel aller Personen in Österreich greifen immer wieder auf komplementärmedizinische Methoden zurück. Die Palette reicht hier von Homöopathie über traditionelle chinesische Medizin und Ayurveda bis hin zu Heilmethoden, die von vielen in den esoterischen Bereich eingeordnet werden.
Kritik an den Heilverfahren
Dass derlei Methoden bei der naturwissenschaftlich orientierten Medizin nicht auf große Gegenliebe stoßen, ist kein Geheimnis. Gerade in den letzten Jahren weht den Vertretern der komplementären Richtung aber besonders starker Gegenwind entgegen. Besonders die Homöopathie ist ins Kreuzfeuer der Kritik geraten. Aus Sicht der evidenzbasierten Medizin seien die von Anwendern und Patienten vermeldeten Erfolge der alternativen Therapieformen nicht mehr als eine Placebowirkung. Außerdem bestünde die Gefahr, dass wertvolle Zeit bis zu einer schulmedizinischen Behandlung verloren geht. Die Vertreter der Methoden berichten indes von guten Ergebnissen, gerade bei chronischen und langwierigen Erkrankungen, bei denen die etablierte Medizin oftmals scheitert.
Dachverband um Anerkennung bemüht
Seit 30 Jahren arbeitet der Dachverband für ärztliche Komplementärmedizin daran, Qualitätskriterien für die einzelnen Methoden zu erstellen und eine stärkere Präsenz in der universitären Lehre zu erreichen. Vor einem Jahr wurde die Vorlesung zur Homöopathie, als Wahlfach, an der Meduni Wienaus dem Lehrplan genommen. Im Wiener AKH findet sich noch die Ambulanz für komplementäre Therapien bei Krebserkrankungen in der Frauenheilkunde. Die letzte verbliebene Einrichtung.
In Deutschland oder der Schweiz würden neue Lehrstühle für Komplementärmedizin einrichtet und dass in Österreich die Sigmund Freud-Universität das auch getan habe, sei eine erfreuliche Entwicklung, gibt sich der Intensivmediziner, Homöopath und Präsident des Dachverbandes Michael Frass zuversichtlich.
Auch die Aufnahme der Behandlungen in den Honorarkatalog der Krankenkassen ist ein Ziel, da dies bislang nur von einigen Privatversicherungen angeboten wird. Damit gibt es eine soziale Hürde. Zudem bemüht man sich auch um eine Abgrenzung von Verfahren, die wiederum nach Auffassung der Komplementärmediziner als unseriös gelten. Ein Drittel der rund 37.000 Diplome der Österreichischen Ärztekammer betreffen Methoden der Komplementärmedizin und der Traditionellen Medizin. Es werden 15 unterschiedliche komplementärmedizinische Ärztekammer-Diplome angeboten. Alleine die Akupunktur wird von mehr als 4.300 österreichischen Medizinern praktiziert.
Dass die komplementärmedizinischen Methoden weitgehend in Medizinerhänden bleiben sollten und nicht, wie in Deutschland, zu den Heilpraktikern ausgelagert werden sollen, erläutert Susanne Weiss, Juristin im BM für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz. "Soweit so eine Methode bzw. Behandlung die Anforderungen des Ärztegesetzes erfüllt, ist deren Anwendung jedenfalls als ärztliche Tätigkeit zu qualifizieren und dem ärztlichen Vorbehaltsbereich zuzurechnen."
Pragmatische Herangehensweise der Patienten
Wie auch immer man zur Komplementärmedizin stehen mag: Sie ist ein großer und kaum wegzudenkender Sektor bei der medizinischen Betreuung der Bevölkerung. Und während zwischen Gegnern und Befürwortern ein erbitterter Kampf herrscht, sehen die Patientinnen und Patienten die ganze Sache gelassen. Sie nehmen sich von den verschiedenen Richtungen die für Sie passende heraus und haben kein Problem damit, die homöopathischen Globuli mit einem antibiotischen Saft runterzuspülen.
In der aktuellen Ausgabe des Radiodoktor versucht Ronny Tekal mit seinen Gästen einen Überblick über die komplementärmedizinischen Angebote zu geben, zu zeigen, wo die Grenzen der Verfahren liegen, wo die "Bösen Heiler" lauern, wie unser Studiogast Dr. Ashish Bhalla die Scharlatane unter den Behandlern bezeichnet, und wie man ein faires Miteinander von Komplementär- und Schulmedizin erreichen kann.
Reden auch Sie mit! Wir sind gespannt auf Ihre Fragen und Anregungen. Unsere Nummer: 0800/22 69 79, kostenlos aus ganz Österreich.
Fragen:
Nehmen Sie komplementärmedizinische Methoden in Anspruch?
Sind diese -Ihrer Meinung nach - eine gute Ergänzung zur Schulmedizin oder völliger Humbug?
Haben Sie über gute oder schlechte Erfahrungen zu berichten?
Machen Sie einen Unterschied zwischen Energetikern, Kinesiologen und TCM-Medizinern?
Wie erleben Sie die Diskussion, die zu dieser Thematik stattfindet?
Eine Sendung von Dr. Christoph Leprich und Dr. Ronny Tekal
Service
Sendungsgäste im Funkhaus Wien:
Univ.-Prof. Dr. Michael Frass
Facharzt für Innere Medizin und internistische Intensivmedizin
ÖÄK Diplom für Homöopathie und begleitende Krebserkrankungen
Präsident des Österreichischen Dachverbandes für ärztliche Ganzheitsmedizin
Gaudenzdorfer Gürtel 63
A-1120 Wien
Tel: +43/1/53 11 60
E-Mail
Homepage
Dr.in Bettina Unden
Ärztin für Allgemeinmedizin und traditionelle Heilmethoden
TCM Wien Mitte
Landstraßer Hauptstraße 33/G4
A-1030 Wien
Tel.: +43/664/316 0 317
E-Mail
Homepage
Studiogast im LS Oberösterreich:
Dr. Ashish Bhalla
Arzt für Allgemeinmedizin
Autor des Buches "Böse Heiler"
Wissenschaftlicher Leiter der Europäischen Akademie für Ayurveda in Österreich
Lärchenstraße 5
A-4642 Sattledt
Tel: +43/722/ 420255
E-Mail
Homepage
Weitere Anlaufstellen und Info-Links:
Österreichischer Dachverband für ärztliche Ganzheitsmedizin
Wiener Internationale Akademie für Ganzheitsmedizin
Komplementärmedizin - Was ist das?
Department für Gesundheitswissenschaft, Medizin und Forschung Donau-Uni Krems
Cochrane-Zentrum Österreich: Was macht Medizin transparent?
Österreichische Gesellschaft für Homöopathische Medizin
Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften: Kritik an Pseudo-Medizin
Warum Esoterik in der Medizin nicht klappt (DerStandard 5/2019)
Österreichischer Berufsverband für Ayurveda
Österreichische Gesellschaft für Akupunktur
Dachverband für TCM & verwandte Gesundheitslehren Österreichs
Buch-Tipps:
Ashish Bhalla, Christian Wolf, "Böse Heiler: Wie Sie die Scharlatane in der Alternativmedizin erkennen", Edition a 2018
Michael Frass, Lothar Krenner, "Integrative Medizin - Evidenzbasierte komplementärmedizinische Methoden", Springer Medizin 2019
Theodor Much, "Der große Bluff: Irrwege und Lügen der Alternativmedizin", Goldegg Verlag 2015
Bernhard Matuschek, "100 Medizin-Mythen", Verein für Konsumenteninformation 2017
Roman Huber, Andreas Michalsen, "Checkliste Komplementärmedizin", Karl F. Haug Verlag 2014