AP/ERALDO PERES
Salzburger Nachtstudio
City Science Talk: Solidarität
Solidarität: Wandel eines starken Begriffs
Gestaltung: Elisabeth J. Nöstlinger
8. Jänner 2020, 21:00
Einst war "Solidarität" einmal ein kraftvoller Begriff. "Alle Räder stehen still, wenn euer starker Arm es will" lautete eine Parole. Zusammenhalt und wechselseitige Hilfe waren die Kernbotschaften. Heutzutage wird die Sehnsucht nach Solidarität politisch von rechts bedient und von links liegen gelassen. Exklusive Zugehörigkeit und Verbundenheit werden im Sinne eines "Unsereins" durch Mauern geschützt und mittels Kultur definiert. Daher ist Solidarität für den Kassler Makrosoziologen Heinz Bude "ein gefährlicher Begriff". Zugleich entdecken Politikerinnen und Politiker an der Spitze nationalstaatlicher Regierungen, Ökologinnen und Ökologen, sowie Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaft das alte Wort als neue Kraft.
Deshalb müsse man den Begriff in Frage stellen, um weiter etwas mit ihm anfangen zu können, meint Bude. Auf dem "schwierigen und gefährlichen Weg durch die Tücken des verführerischen Begriffs" argumentiert er mit Albert Camus und dessen Mythos von Sisyphos und zitiert daraus die Aussage, dass alles mit einer scharfsichtigen Gleichgültigkeit beginne. So pfeift auf Solidarität, wer nur an sich glaubt und die anderen ihrem Schicksal überlässt. Doch solidarisch zu sein, ist für jeden Einzelnen eine Möglichkeit zu erkennen, dass wir nur zusammen in einer auseinanderbrechenden Welt weitermachen können. Und wer das Elend neben dem Reichtum sieht, kann den kraftvollen Begriff als große Idee für die Zukunft erkennen. Elisabeth J. Nöstlinger diskutiert mit Heinz Bude, der Wiener Politologin Barbara Prainsack, dem Linzer Sozioökonomen Jakob Kapeller und Daniel Hausknost, Politologe an der Wirtschaftsuniversität Wien.
Service
Heinz Bude: Solidarität. Die Zukunft einer großen Idee (Hanser Verlag 2019)