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Radiokolleg - Wie man Vertrauen gewinnt
Über die Basis unseres Wohlbefindens (2). Gestaltung: Nikolaus Scholz
8. Jänner 2020, 09:05
Vertrauen hält Staaten zusammen, lässt Gesellschaften funktionieren, und Partnerschaften gelingen. Eine Frage des Vertrauens ist es auch, welches Produkt ich im Geschäft kaufe, und welches nicht. Wir haben in der Regel Vertrauen in die Polizei, in die Ärztin oder den Arzt, in die Justiz. Mit Vertrauen werben Banken wie Versicherungen, Industrieunternehmen und Dienstleister, ebenso wie Freunde oder Liebespartner.
Dennoch ist es mit dem Vertrauen so eine Sache. Einerseits ist es etwas Seltenes und Kostbares, andererseits etwas, ohne das Familien und Freundschaften auseinanderbrechen würden. Eine gesunde Vertrauensbasis ist für unser seelisches und körperliches Wohlbefinden unabdingbar.
Ein Neugeborenes kommt mit einem Urvertrauen auf die Welt, genährt durch ein Gefühl der Geborgenheit und die Gewissheit, geliebt zu werden. Urvertrauen entwickelt sich im sehr frühen Kindesalter durch die verlässliche, liebende und sorgende Zuwendung der Eltern. Diese Zuwendung schafft emotionale Sicherheit, die in späteren Jahren Vertrauen in seine Umgebung und den Kontakt mit anderen Menschen überhaupt erst ermöglicht. Außerdem lebt es sich mit dem Gedanken, dass es liebenswerte und vertrauenswürdige Menschen auf der Welt gibt, besser und zufriedener, als umgekehrt.
Auch in einer gut funktionierenden Partnerschaft ist Vertrauen ein essentielles Bindeglied. Wiewohl gegenseitiges Vertrauen in der ersten Phase der Verliebtheit unerschütterlich zu sein scheint, kann es später nur durch eine beiderseitige Offenheit und Ehrlichkeit zum tragenden Fundament einer dauerhaft intakten Beziehung werden.
Ständiges Misstrauen dagegen mache unser Zusammenleben deutlich schwieriger, betont Martin Schweer. Der Psychologe leitet das Zentrum für Vertrauensforschung an der Universität Vechta. Er sagt: "Zufriedenheit und Selbstbestätigung erlebten wir immer dann, wenn uns jemand Vertrauen entgegenbringe." Uns bleibt eigentlich keine Wahl: Wollen wir am gesellschaftlichen Leben teilhaben, müssen wir darauf bauen, dass die Welt im Wesentlichen funktioniert. Systemtheoretiker Niklas Luhmann beschrieb Vertrauen daher auch als "Mechanismus zur Reduktion sozialer Komplexität". Gerade weil in einer globalen Welt absolute Kontrolle nicht möglich ist, werde in der Zukunft Vertrauen immer wichtiger.
Service
Literatur:
Vertrauen schenken, Vertrauen stärken
Anselm Grün, Verlag Herder
Vertrauensbuch - zur Salutogenese
TD Petzold, Verlag Gesunde Entwicklung
Facetten des Vertrauens: Gedankensplitter und kurze Geschichten
Martin Schweer, Edition Noack & Block
Lichtblick
bösel's
Begegnungspraxis
Anselm Grün
Dr. Ulrike Schwegler
Gesunde Entwicklung
Zentrum für Vertrauensforschung
Univ.-Prof. Dr. Martin K.W. Schweer
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