Michael Krassnitzer über Ludwig van Beethoven

30. Jänner 2020, 06:56

Ludwig von Beethoven war der erste Komponist, der sich als Künstler im modernen Sinn verstand. Er verkörperte geradezu das Klischeebild eines künstlerischen Genies: ein Exzentriker, der Droge Alkohol zugeneigt, ein in sich gekehrter Außenseiter, der wenig auf gesellschaftliche Konventionen gab. Für jedermann sichtbares Zeichen dafür waren seine oft nachlässige Kleidung und seine zerzauste Mähne.

Auch mit seiner Musik entzog sich Beethoven den zeitgenössischen Konventionen. Beim Komponieren orientierte er sich nicht daran, was das Publikum wollte oder die Fachleute für richtig hielten, sondern nur an seinen eigenen Vorstellungen. "Die Welt ist ein König und sie will geschmeichelt sein", schrieb Beethoven einmal und stellte klar: "Wahre Kunst ist eigensinnig, lässt sich nicht in schmeichelnde Formen zwängen." In künstlerischen Fragen ließ sich Beethoven von niemandem dreinreden.

Heute heißt es oft, das Subjekt in der modernen Kunst habe ausgedient, künstlerische Genies wie Beethoven eines war, gehörten der Vergangenheit an. Heute werde Kunst angeblich unter ganz anderen Bedingungen produziert.

Natürlich kann Kunst auch von einem Kollektiv hervorgebracht werden. Kunst kann auch partizipativ sein, also das Publikum oder andere Gruppen miteinschließen. Aber die Behauptung, dass deshalb das künstlerische Subjekt ausgedient hat, stimmt einfach nicht mit der beobachteten Realität überein. Nach wie vor wird Kunst - Musik ebenso wie Literatur oder bildende Künste - auch von Individuen hervorgebracht, die ganz allein für sich und aus sich arbeiten. Das Role-model Beethoven hat noch lange nicht ausgedient.

Auch im Geistesleben gibt es modische Hypes, die wieder vergehen. Man muss nicht alles nachbeten, was aus einem überhitzten kulturwissenschaftlichen Diskurs an die Öffentlichkeit schwappt.

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• Alexandra Mantler