Mann betrachtet Gemälde von Mark Rothko

AP/DOMENICO STINELLIS

Gedanken für den Tag

Gustav Schörghofer über Mark Rothko

"Im Dialog mit der Kunst". Mit der spirituellen Bild-Sprache von Mark Rothko beschäftigt sich Gustav Schörghofer, Jesuit und Künstlerseelsorger.

Zurzeit wird in den Kinos ein Film von Terrence Malick gezeigt, "A hidden life". Erzählt wird die Geschichte von Franz und Franziska Jägerstätter. Der Titel des Films stammt von der britischen Autorin George Eliot, deren wunderbarer Satz am Schluss des Films zitiert wird: "Das Wachstum des Guten in der Welt hängt in gewissem Grade von unhistorischen Taten ab, und dass die Dinge für dich und mich nicht so schlecht bestellt sind, wie sie es hätten sein können, verdanken wir zum großen Teil jenen, die getreulich ein Leben im Verborgenen gelebt haben und in Gräbern ruhen, die niemand besucht."

Freilich kann ich mich fragen, was mit so einem Satz anzufangen sei, der auf Vorgänge verweist, die sich ohnedies meiner Kenntnis entziehen. Ich kann mich aber von diesem Satz auch auf etwas hinweisen lassen. Er lässt mich das eigene Leben und das Leben der Menschen um mich herum in einem anderen und neuen Licht sehen. Es ist, als würden dort, wo bisher tiefes Dunkel alle Gestalten verschlungen hat und nur einzelne herausragende Figuren wahrnehmbar waren, nach und nach Gesichter auftauchen, Menschen erkennbar werden.

Als würde ein scheinbar totes Feld nach und nach belebt werden von einer unübersehbaren großen Schar still strahlender Männer, Frauen und Kinder. Als wären nicht nur da und dort die lauten Stimmen einzelner Solisten zu hören, sondern nach und nach die Stimmen vieler Menschen. Als sänge ein Chor aus unfassbar vielen eine nie gehörte Melodie, ein wunderbares Lied. Als würden alle diese Menschen gehen, einander bei den Händen fassend, einander stützend und bewahrend vor jedem Fall, singend und leuchtend, ein von aller Last, von aller Bedrohung befreites Volk.

Uns trägt ein wunderbarer Reichtum des Lebens. Aus der Enge unseres Alltags lockt uns ein Lied ins Freie und Offene, das viele vor uns angestimmt und mit Hingabe gesungen haben, ein großer Chor, der uns vorangeht, in dessen Gesang wir einstimmen und dessen Musik als kostbarer Schatz von uns weitergegeben wird. Für mich gehört auch Mark Rothko zu diesem Chor. Sein Name ist berühmt, doch seine Kunst kommt aus einem Leben im Verborgenen.

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Johann Sebastian Bach/1685 - 1750
Album: Werke für Oboe und Cembalo
* Andante - 1.Satz (00:07:43)
Titel: Sonate für Oboe und obligates Cembalo in g-moll BWV 1030
Solist/Solistin: Ingo Goritzki /Oboe
Solist/Solistin: Jörg Ewald Dähler /Cembalo
Länge: 02:00 min
Label: Claves 50908

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