Johannes Kunz über Bruno Kreisky

7. März 2020, 06:56

Unter Bruno Kreisky wurde Österreich zu einem modernen Industrie- und Sozialstaat. "Ein paar Milliarden mehr Schulden bereiten mir weniger schlaflose Nächte, als hunderttausend Arbeitslose."

Dieser oft zitierte und auch oft kritisierte Ausspruch Kreiskys umschreibt seine Wirtschaftspolitik, die gekennzeichnet war vom Austro-Keynesianismus, der eine antizyklische Strategie und Deficit Spending beinhaltete. Kreisky war eben von seinen Erfahrungen in der Ersten Republik geprägt, als eine hohe Arbeitslosigkeit den Weg in den Faschismus bereitete.

Bruno Kreisky, der ein großer Kommunikationsstratege war - man nannte ihn ja auch einen "Medienzampano" - erkannte früher als andere die Bedeutung der neuen sozialen Bewegungen wie Umwelt- oder Frauenbewegung. Er hatte in seinen vier Regierungen zahlreiche Frauen, was in den 1970er Jahren noch keineswegs eine Selbstverständlichkeit war. 1979 wurde Johanna Dohnal Staatssekretärin für Frauenfragen, ein paar Jahre später sollte sie Ministerin werden.

Weil morgen, am 8. März, der Weltfrauentag ist, sei darauf hingewiesen, dass insbesondere die Reformen im Strafrecht und im Familienrecht die Situation von Frauen entscheidend verbessert haben. Frauen und Männer wurden erstmals rechtlich gleichgestellt, die Unterscheidung zwischen Frauen- und Männerlöhnen in den Kollektivverträgen wurde aufgehoben. Wesentliche Fortschritte in Sachen Frauengesundheit brachten die Einführung des Mutter-Kind-Passes, die Verlängerung der Schutzfrist für Mütter nach der Geburt, die Anrechnung der Karenzzeiten für die Pension sowie die Einrichtung von Frauenhäusern.
Aus dem Umweltbereich muss die Sanierung der unter einer Algenplage leidenden österreichischen Seen mittels einer Ringkanalisation erwähnt werden. Heute haben fast alle unsere für den Tourismus so wichtigen Seen deshalb Trinkwasserqualität.

Und mit der Verabschiedung des Atomsperrgesetzes nach dem negativen Ausgang der Volksabstimmung über die Inbetriebnahme des Kernkraftwerkes Zwentendorf 1978 wurde Österreich ein Vorreiter in Europa.

Bruno Kreisky, schon alt und krank und längst nicht mehr in politischen Ämtern sagte einmal, er lege keinen Wert auf Denkmäler. "Worauf ich aber Wert legen würde oder was ich gerne hätte, wenn einmal die Periode, in der ich die politischen Verhältnisse in Österreich beeinflussen konnte - denn mehr als beeinflussen kann man sie ja nicht -, als eine Periode der Einleitung großer Reformen betrachtet wird, die ihre gesellschaftlichen Spuren hinterlassen und eine Besserung der gesellschaftlichen Verhältnisse gebracht haben. Wie sollte man so anmaßend sein zu glauben, dass einem alles gelingen müsste. Ich fürchte, dass von dem vielen, das man beginnt, nur einiges gelingen wird. Aber das wird hoffentlich genug sein, um eine bleibende Wirkung zu haben, einen neuen Treppenabsatz in der Entwicklung darzustellen. Nichts wäre grauslicher als der Gedanke, dass man nur administriert hat."

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• Alexandra Mantler