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Gedanken für den Tag
Julian Pölsler über Marlen Haushofer
"Ein neues Leben in der fremden Welt". Julian Pölsler, Regisseur und Drehbuchautor, greift Aspekte aus dem Film "Die Wand" heraus und stellt seine persönlichen Assoziationen und Gedanken dazu vor
13. März 2020, 06:56
Marlen Haushofer gibt in ihrem Roman "Die Wand" der Verschmelzung vom Ich im Wir große Bedeutung:
"Manchmal verwirren sich meine Gedanken, und es ist, als fange der Wald an, in mir Wurzeln zu schlagen und mit meinem Hirn seine alten, ewigen Gedanken zu denken. Damals, im zweiten Sommer, war es mit mir noch nicht so weit gekommen. Die Grenzen waren noch streng gezogen. Es fällt mir schwer, beim Schreiben mein früheres und mein neues Ich auseinander zu halten, mein neues Ich, von dem ich nicht sicher bin, dass es nicht langsam von einem größeren Wir aufgesogen wird. Aber schon damals bahnte die Verwandlung sich an.
Die Alm war schuld daran. Es war fast unmöglich, in der summenden Stille der Wiese unter dem großen Himmel ein einzelnes abgesondertes Ich zu bleiben, ein kleines, blindes, eigensinniges Leben, das sich nicht einfügen wollte in die große Gemeinschaft. Einmal war es mein ganzer Stolz gewesen, ein solches Leben zu haben, aber auf der Alm schien es mir plötzlich sehr armselig und lächerlich, ein aufgeblasenes Nichts."
Marlen Haushofer lässt ihre Protagonistin im Roman "Die Wand", die Frau ohne Namen, erkennen, wie sehr sie fähig geworden ist, aus ihren Ängsten heraus zu treten, indem sie sich der Verwandlung anheim gegeben hat, wie sehr sie bereit ist, einzugehen in die große Gemeinschaft, in dieses Wir. Wir, das ist mehr als wir Menschen. Das sind auch die Hunde und die Bäume und die Nacktschnecken und die Hortensien, das rauschende Wasser inmitten des Wasserfalls, die Nachtigall und der duftende Rosenstrauch, das Moos auf dem Stamm wuchtiger Eichen, dem Norden zugewandt, damit wir erkennen können, wo es hingeht, wenn wir die Orientierung verloren haben. Und es ist der Regenwurm, der um die Wurzel derselben sich kringelt und alles, was da kreucht und fleucht. All das, das keinen messbaren Mehrwert bringt, keinen Gewinn, keinen Sinn zu haben scheint und doch ist es da in der Schöpfung. Und darum: Mehr Achtung, mehr Demut vor der Schöpfung, das wünsche ich mir von uns.
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Sendereihe
Gestaltung
Playlist
Komponist/Komponistin: Johann Sebastian Bach/1685 - 1750
Album: BACH: SONATEN U.PARTITEN FÜR VIOLINE SOLO BWV 1001-1006 - J.Fischer
* Loure - 2.Satz (00:05:03)
Titel: Partita für Violine Nr.3 in E-Dur BWV 1006
Solist/Solistin: Julia Fischer /Violine < Jean Baptiste Guadagnini, 1750 >
Ausführender/Ausführende: Julia FISCHER/geb.1983 München
Länge: 05:03 min
Label: PentaTone classics 5186072 (2