Ö1 Kunstsonntag: Neue Texte

Marie Gamillscheg über globale Widersprüche

"Now You Can Ask" Von Marie Gamillscheg. Es liest Silvia Meisterle. Redaktion: Edith-Ulla Gasser.

Eine kleine Reisegruppe aus Europa besucht die Silberminen nahe der bolivianischen Bergarbeiterstadt Potosí. "Now you can take a picture" erlaubt der englisch sprechende einheimische Reiseführer der kleinen Touristengruppe. Und "Now you can ask!", wenn ein "Minor", einer der unterprivilegierten und schlechtbezahlten Bergarbeiter vor den Touristen steht: "Jetzt dürfen Sie fragen!".

Aber die Fragen sind ebenso stereotyp wie die Antworten, und überhaupt scheinen den Gästen aus Übersee andere Themen drängender zu sein. Zum Beispiel die Frage, ob David in Sara verliebt ist, oder wie es mit der Ehe zwischen Teresa und David steht, und schließlich: was gestern Abend nach dem Besuch in der Bar eigentlich wirklich zwischen Sara und David passiert ist?

So verschränkt sich die innere Wahrnehmung des komplizierten Beziehungsgeflechts der vier Touristen mit der äußeren Realität der schlechten Lebensbedingungen von Einheimischen vor Ort. Die noch junge steirische Autorin Marie Gamillscheg verzichtet in ihrer Short Story auf Belehrungen. Und doch zeigt ihre Geschichte, dass die freiwilligen und auch die unfreiwilligen menschlichen Lebensentwürfe in den verschiedenen Weltgegenden nicht voneinander losgelöst gesehen werden können. Spätestens, als am Ende der Erzählung etwas für die Touristen Unvorhergesehenes passiert ...

Erstsendung : 13.5.2018

Service

Marie Gamillscheg, "Potosí. Now You Can Ask", Manuskript, 2015

Sendereihe

Gestaltung

  • Edith-Ulla Gasser

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