Skizze von Leonardo da Vinci

AP/DOMENICO STINELLIS

Radiokolleg - Was ist genial?

Dem Außergewöhnlichen auf der Spur (1). Gestaltung: Daphne Hruby

Wolfgang Amadeus Mozart, Albert Einstein, Marie Curie, Leonardo da Vinci, Simone de Beauvoir. Namen wie diese geistern wohl den meisten als erstes durch den Kopf, wenn sie den Begriff "Genie" hören. Doch was macht Genialität eigentlich aus? Die Fähigkeit quasi noch in Windeln atemberaubende Musik zu komponieren, dank abstraktem Denkens die vermeintliche Weltordnung aus den Angeln zu heben, oder Werke zu hinterlassen, die auch noch Jahrhunderte nach dem eigenen Tod Menschen zu Tränen rühren?

Oft wird damit das Erreichen von Außergewöhnlichem, von bisher nie dagewesenem verbunden. Dabei kann Genialität auch im Alltag stattfinden. In vielen Berufen ist Kreativität und Einfallsreichtum Teil der Job-Description. Doch auch hinter vermeintlich einfachen Tätigkeiten steckt oft viel Gehirnschmalz.
Bis vor kurzem noch wurde der Genialitätsgrad mit der Höhe des Intelligenzquotienten gleichgesetzt. Neuere Forschungen widersprechen dieser These. Nur weil jemand intelligent ist, bedeutet das noch lange nicht, dass er oder sie diese Fähigkeit auch zu kanalisieren weiß, oder überhaupt dazu gewillt ist, damit Außergewöhnliches zu erreichen. Einige Fachleute kritisieren auch die Einseitigkeit von IQ-Tests.
Fähigkeiten wie Einfühlungsvermögen, aber auch sozio-kulturelle Einflüsse würden zu wenig berücksichtigt, so ihr Einwand. Gleichzeitig haben Menschen mit großen Talenten oft so ihre Schwierigkeiten in der Gesellschaft zurecht zu kommen. Kinder, die sich während des Unterrichts langweilen, reagieren teils mit auffälligem Verhalten. Menschen mit sogenannten Inselbegabungen oder Autismus sind in gewissen Bereichen zu unglaublichen Leistungen fähig, während sie sich etwa im sozialen Austausch mit anderen Menschen schnell wie ein Fisch auf dem Trockenen fühlen.

Nicht jede Form der Genialität ist auch gesellschaftlich erwünscht. Und nicht jeder begabte Mensch kann oder möchte sein Talent auch in Erfolg ummünzen. In der Wissenschaft führen bahnbrechende Ideen erst zum Fortschritt. Jede revolutionäre Theorie wurde irgendwann einmal als Unmöglichkeit abgetan. Die Grenze, was als genial und was als Wahnsinn einzuordnen ist, wird von jeder Gesellschaft und ihrem entsprechenden Zeitgeist immer wieder aufs neue gezogen beziehungsweise verschoben. Der Druck auf junge Wissenschafter/innen heutzutage in möglichst vielen Fachzeitschriften zu publizieren und daher vermehrt Themen aufzugreifen, die sich gut verkaufen, fordert seinen entsprechenden Tribut.

Genialität kann auch in Besessenheit oder soziale Isolation umschlagen und einen hohen Leidensdruck erzeugen - sei es nun in der Wissenschaft, der Kunst oder sonst einem anderen Betätigungsfeld. Jede und jeder will auf gewisse Art und Weise außergewöhnlich sein und seinem Umfeld in Erinnerung bleiben. Im selben Atemzug traut sich kaum einer aus der normativen Reihe zu tanzen. Genialität braucht Courage, um nicht im Mainstream unterzugehen.

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  • Daphne Hruby