AFP/POOL/JOHN STILLWELL
Hörbilder Spezial
Stephanie Shirley: Flüchtlingskind, Computerpionierin, Dame des britischen Empires
Schwerpunkt: 1945 und die Folgen. Anfänge, Widersprüche, Kontinuitäten
Die Frau, die sich Steve nannte
Feature von Maximilian Schönherr
(Produktion WDR 2016)
1. Mai 2020, 10:05
Vera Stephanie Buchthal hätte sich nicht erträumen können, dass die Queen sie einmal für ihre Verdienste um Wirtschaft und Gleichberechtigung adeln würde. Mit nur fünf Jahren muss die Tochter eines deutschen Juden 1939 mit einem Kindertransport von Wien nach London flüchten.
In London wächst sie bei einer Pflegefamilie auf, lernt die neue Sprache, geht zur Schule. Um ihre mathematische Begabung weiter zu entwickeln, nimmt sie Kurse an einer Bubenschule. Später, als Stephanie Shirley, gründet sie Anfang der 1960er Jahre eine der ersten Softwarefirmen. In ihrer Firma stellt sie ausschließlich Frauen ein und fördert die Möglichkeit, Familie und Beruf zu verbinden. Um in der männlich dominierten IT-Welt akzeptiert zu werden, verwendet sie den männlichen Vornamen Steve.
"In den frühen Tagen meiner Firma beantworteten viele potenzielle Geschäftspartner einfach meine Briefe nicht", erzählt sie in einem Interview. Sie macht in der britischen Software-Industrie Karriere, wird zur Millionärin und spendet einen Großteil ihres Reichtums für wohltätige Zwecke. "Ein Leben, das mit dem Erlebnis der Flucht und mit Schicksalsschlägen beginnt, führt zu psychischen Schwierigkeiten. Ich hatte lange Zeit mit schweren Depressionen zu kämpfen. Das beste Heilmittel gegen Depression ist ganz einfach: Mitgefühl".