Foto von Mahmoud Lamines Mutter

ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

Hörbilder

Drei Generationen Frauen in Tunesien

Der lange Weg zur Gleichberechtigung
Hochzeitsgeschichten meiner südtunesischen Familie
Von Mahmoud Lamine und Judith Müller

Drei Frauen - drei Generationen: Die Mutter des Feature-Autors Mahmoud Lamine, seine älteste Schwester und seine Nichte erzählen von ihren sehr unterschiedlichen Erfahrungen mit der patriarchalisch geprägten Gesellschaft Tunesiens. Mahmoud Lamines Mutter Hadscha Meriam wird in den 1920er Jahren im Alter von zwölf Jahren verheiratet. Sie wird dem Ehemann ihrer verstorbenen Schwester zur Frau gegeben und Ersatzmutter für fünf Kinder - für ihre Nichten und Neffen.

"Ich habe damals nicht lange gebraucht, um mein Schicksal zu akzeptieren", erzählt sie ihrem Sohn. "Obwohl ich erst zwölf war, ist es mir gelungen, meine familiären Aufgaben zu erfüllen." Sie sagt aber auch: "Die Frau fiel kaum ins Gewicht. Alles ging nur nach dem Willen des Mannes." Zwei Jahrzehnte später wird ihre eigene Tochter ebenfalls früh verheiratet, gegen deren Willen, mit nur 13 Jahren. "Die Frau war wie ein Einrichtungsgegenstand. Sie war so viel wert wie ein Möbelstück", erzählt Sohra ihrem Bruder. Doch sie kann sich aus der bedrückenden Situation befreien, legt gegen den Widerstand ihrer Umgebung den Schleier ab, holt Schulbildung nach, eröffnet in den 1960er Jahren ein eigenes Geschäft und kann auch ihren Ehemann überzeugen, den Wunsch nach Selbständigkeit zu respektieren.

Ihre persönliche Revolution und ihr Erfolg werden zum Vorbild für andere weibliche Familienmitglieder. - Für Mahmoud Lamines Nichte Chaula zum Beispiel. Sie wird Mitte der 1970er Jahre geboren, erzählt von einer unbeschwerten Jugend, von einem Universitätsstudium, um das sie nicht mehr kämpfen musste, von ihrem Lehrberuf, der sie erfüllt - und von einer Heirat aus Liebe mit 27 Jahren. Die sehr persönlichen Erzählungen der drei Frauen aus Südtunesien zeigen, wie sich die tunesische Gesellschaft in den letzten 100 Jahren verändert hat.

SprecherInnen: Elisabeth Findeis, Eva Mayer, Mercedes Echerer, Hüseyin Michael Cirpici
Ton: Martin Leitner
Redaktion: Eva Roither

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