Medizin und Gesundheit

Kommt ein Mann freiwillig zum Arzt - (k)ein Witz?!

Die Gendermedizin weiß es längst: Frauen sind anders, Männer aber irgendwie auch! Davon wissen Ärztinnen und Ärzte ein Lied zu singen, denn während das weibliche Klientel durchaus gewillt ist, sich ab und an durchchecken zu lassen, geht gerade mal jeder fünfte Mann zur Vorsorgeuntersuchung.
Nach wie vor scheuen viele Männer den Gang zur Vorsorge, selbst bei eindeutigen Symptomen. Zum einen, weil man als starker Mann einfach nicht krank werden darf. Zum anderen aus Angst vor einer Diagnose, die man besser gar nicht wissen mag.

Risikofaktor Mann

Nach wie vor sterben Männer rund fünf Jahre früher als Frauen. Die Folgeerscheinungen von Übergewicht, einem Leben auf der Überholspur und einer ungesunden Portion Ignoranz der eigenen Gesundheit gegenüber verursachen. Herzinfarkte, Schlaganfälle, Lungen- oder Darmkrebs sind die Folgen. Dazu kommen häufiger als bei Frauen Alkohol- und Drogensucht, Unfälle oder auch Suizide.
Die WHO hat 2018 die "Strategie zur Förderung der Gesundheit und des Wohlbefindens von Männern" ins Leben gerufen, um dessen Gesundheitskompetenz zu verbessern.

Worauf besonders achten?

Zu den üblichen Früherkennungsmaßnahmen, die Mann spätestens ab 50 in Anspruch nehmen sollte, gehören neben dem internistischen oder dermatologischen Gesundheitscheck auch die Prostatauntersuchung und die Darmspiegelung. Hinzu kommen die Abklärung der typischen Beschwerden, die sich im Laufe des männlichen Lebens zeigen: Vom Haarausfall über Potenzprobleme bis hin zum Leistungsknick durch den abfallenden Testosteronspiegel.

Männerärzte

Der Fachbereich der Urologie sieht sich dabei zunehmend auch als Anlaufstelle für Männer, die nicht nur Vasektomien oder Harninkontinenz zu beheben versteht, sondern den Mann als Gesamtkunstwerk im Auge hat. Inklusive sexueller Gesundheit, wie der Urologe Erik Randall Huber erklärt, die ein wichtiger Bestandteil des gesamten körperlichen und gefühlsbezogenen Wohlbefindens eines Menschen ausmacht.

Männerkörper

Geschlechtsspezifische Unterschiede finden sich nicht nur in gynäkologischen oder urologischen Bereichen. Der Körper reagiert anders auf Medikamente, Symptome werden anders wahrgenommen und auch das Erleben und die Bewältigung von Leiden stellen sich oft unterschiedlich dar. "Viele Männer tun sich mit Visualisierungen leichter, als mit dem Ergründen von Gefühlszuständen. So können auch Apps zur Vorsorge oder Stressbewältigung dabei helfen, niederschwellig Zugang zu medizinischen Programmen zu erlangen", so der Psychiater Dr. Marc Nairz-Federspiel.

Neues Rollenverständnis als Herausforderung

Das klassisch männliche Rollenbild gilt als überholt.Ein Mann à la Chuck Norris ist eine anachronistische Erscheinung. Doch bei allen positiven Effekten, die dieser Wandel gesellschaftlich mit sich bringt, wird es, so Nairz-Federspiel, für viele Männer zunehmend schwerer, den hohen Anforderungen auch gerecht zu werden. Hat es einst noch genügt, die Familie zu ernähren, so geraten viele im Versuch, sich zwischen perfektem Vater, liebevollem Ehemann und auch noch jenseits der 60 mit sportlicher Figur zu positionieren ins Straucheln.
Bei der psychischen Betreuung gehe es, wie der Psychiater erklärt, auch weniger um eine klassische Unterscheidung in Mann und Frau, sondern um die Beachtung männlicher und weiblicher Anteile in der Vielfalt an LGBTQ-Lebensweisen.
In der aktuellen Ausgabe des Radiodoktors geht es um die gesundheitlichen Schwächen des vermeintlich starken Geschlechtes und die Frage, wie man einen Mann zur Ärztin bringt.


Eine Sendung von Dr. Christoph Leprich und Dr. Ronny Tekal

Reden auch Sie mit! Wir sind gespannt auf Ihre Fragen und Anregungen. Unsere Nummer: 0800/22 69 79, kostenlos aus ganz Österreich.

Fragen:
Gehen Sie als Mann regelmäßig zur Früherkennung?
Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?
Sind Urologen, bzw. Andrologen die richtigen Ansprechpartner für Männer?
Wie könnte man die Vorsorgemuffel dazu bringen, sich untersuchen zu lassen?

Service

Studiogast im Funkhaus Wien:

Dr. Marc Nairz-Federspiel
Psychiater und Psychotherapeut
ADB Wien
Herrengasse 6-8/ Stiege 7 Tür 8
A-1010 Wien
E-Mail
Homepage


Gast am Telefon:

Dr. Erik Randall Huber, FEBU, FECSM
Facharzt für Urologie und Andrologie
Engerthstraße 90
A-1200 Wien
Tel: +43/1/3101311
E-Mail
Homepage


Quellen und Links:

Arbeitskreis für Andrologie und sexuelle Funktionsstörungen

Österreichische Gesellschaft für Urologie und Andrologie

Österreichische Gesellschaft für Geschlechtsspezifische Medizin

Männer sind halt keine Patientinnen (Zeit Online 2019)

Warum Männer Arztbesuche meiden (kurier 2016)


Warum Männer nicht zum Arzt gehen - und warum das schlecht ist (FAZ Podcast 2019)


Männer drücken sich häufiger vor Arztbesuch (Ärzteblatt 2018)

Echte Männer können alles - außer zum Arzt gehen (Ö1 Gesundheitsmagazin 8.7.2020)


Bücher:

Marek Glezerman
Frauen sind anders krank. Männer auch.: Warum wir eine geschlechtsspezifische Medizin brauchen
Mosaik Verlag 2018

Tom Falkenstein
Hochsensible Männer: Mit Feingefühl zur eigenen Stärke
Junfermann Verlag 2017

Nicole Staudinger
Männer sind auch nur Menschen. Warum es hilft, sie hin und wieder daran zu erinnern
Knaur TB 2020

Volker Wittkamp
Fit im Schritt: Wissenswertes vom Urologen
Piper Paperback 2016

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