Medizin und Gesundheit

"Schwindelerregend" viele Ursachen


Schwindel - Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten

Jeder kennt das unangenehme Gefühl des Schwindels - ob als Seekrankheit oder ausgelöst durch eine Fahrt auf dem Karussell. Diese, durch das Auseinanderklaffen von Sinneseindrücken des Auges und des Gleichgewichtsorgans ausgelösten Attacken, sind gut bekannt. Weniger bekannt - aber wichtig - ist, dass akute Schwindelattacken auch Symptom eines Schlaganfalls sein können.

Schwindel als Notfall
"Bei akut auftretendem Schwindel kann ein Schlaganfall die Ursache sein. Das ist bei der Abklärung der Ursachen auch als erstes zu untersuchen, obwohl es selten die akuten Schwindelattacken auslöst, aber weil man hier keine Zeit verlieren darf", sagt Ö1-Studiogast Priv.-Doz. Dr. Thomas Foki, von der Klinischen Abteilung für Neurologie der Universitätsklinik Tulln. An zweiter Stelle der Ursachensuche stehen internistische Untersuchungen. Auch hier sind als erstes zwar seltene, aber bedrohliche Erkrankungen wie ein Herzinfarkt auszuschließen. Häufiger sind Veränderungen des Flüssigkeits- oder Elektrolythaushalts für akute Schwindelanfälle verantwortlich.
Im Bereich der Hals-Nasen-Ohren-Erkrankungen wiederum findet sich eine ganze Reihe von Erkrankungen, die akute schwere Schwindelanfälle auslösen, die Patienten in die Notaufnahme bringen. "Besonders häufig ist ein einseitiger Ausfall des Gleichgewichtsorgans. Seltener sind ein akuter Lagerungsschwindel oder die Menière-Krankheit", sagt Studiogast Priv.-Doz. Dr. Béla Büki, HNO-Facharzt am Universitätsklinikum Krems, der derzeit im Rahmen eines Projekts der Karl-Landsteiner-Privatuniversität 50 Prozent seiner Arbeitszeit der Erforschung des Schwindels widmen kann.
Die so genannte Menière-Krankheit verursacht Drehschwindel, Tinnitus und Schwerhörigkeit. Ihre Ursache ist eine Änderung des hydrostatischen Drucks im Innenohr. Die Erkrankung ist belastend, die Behandlung schwierig. Im Extremfall wurde früher sogar der Gleichgewichtsnerv durchtrennt oder das ganze Gleichgewichtsorgan chirurgisch entfernt. Deutlich einfacher ist die Behandlung mit dem Antibiotikum Gentamicin, das die Erregbarkeit der Gleichgewichtssinneszellen herabsetzt. Bela Büki hat 32 österreichische Behandlungsfälle retrospektiv untersucht. "Unsere Auswertungen bestätigen die Wirksamkeit dieser einfachen Behandlungsmethode", erklärt Büki. "In über einem Drittel der Fälle war sogar nur eine einzige Injektion notwendig, um eine spürbare und nachhaltige Linderung der Symptome zu erzielen." Aktuelle Forschungsprojekte von Büki in Zusammenarbeit mit amerikanischen Universitäten betreffen die Rolle des Vitamin D für das Innenohr und die Durchblutung des Gleichgewichtsorgans. Zwei weitere Projekte betreffen die Rehabilitation nach einem Gleichgewichtsausfall.

Chronischer Schwindel
Diese Formen schränken die Lebensqualität besonders stark ein. Der chronische Lagerungsschwindel ist ein Beispiel aus dem HNO-Bereich. "Die Beschreibung der Betroffenen gibt meist schon die relevanten diagnostischen Hinweise. Die Therapie besteht in einfachen Übungen", sagt Bela Büki.
Aber auch bei chronischem Schwindel ist die Neurologie erste Anlaufstelle, "Denn Kleinhirntumore treten zwar sehr selten auf, dürfen aber nicht übersehen werden", sagt Neurologe Thomas Foki. Eine Fehlfunktion des autonomen (vegetativen) Nervensystems mit Schwindel als Zeichen einer orthostatischen Hypotonie (Blutdruckabfall in aufrechter Position) stellt eine häufige, neurologisch vermittelte chronische Schwindelursache dar. Weitere in sein Fachgebiet fallende Ursachen sind eine vestibuläre Migräne, und Schwindelformen, die eigentlich eher auf einer Gangunsicherheit beruhen wie bei einer Polyneuropathie oder das typische Stolpern bei einer Parkinson-Erkrankung.


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Eine Sendung von Dr.in Birgit Beermann und Dr. Christoph Leprich

Moderation: Univ.-Prof.in Dr.in Karin Gutiérrez-Lobos

Service

Studiogäste im Funkhaus Wien:
Priv.-Doz. Dr. Béla Büki, erster Oberarzt der HNO-Abteilung am Universitätsklinikum Krems, Buchautor zum Thema Schwindel und "Schwindel-Forscher" der Karl-Landsteiner-Privatuniversität

Priv.-Doz. Dr. Thomas Foki, Oberarzt an der Klinischen Abteilung für Neurologie der Universitätsklinik Tulln (auch Teil der Karl-Landsteiner-Privatuniversität) und Experte für neurodegenerative Erkrankungen wie Morbus Parkinson, Polyneuropathien und Demenz

Info-Links:
Lagerungsschwindel Befreiungsmanöver
Gleichgewichtsübungen bei Schwindel
Schlaganfall erkennen
Benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel
Vestibuläre Migräne
Informativer Artikel vom KH der Barmherzigen Brüder
Informationen zur Polyneuropathie
HNO-bedingte Schwindelerkrankungen
Schwindelambulanz der Medizinischen Universität Wien/AKH
Schwindelambulanz der Univ.-HNO-Klinik Innsbruck
Salzburger Uniklinik für HNO-Krankheiten
HNO Uniklinik Graz
Österreichische Gesellschaft für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde
Österreichische Gesellschaft für Neurologie
Berufsverband der PhysiotherapeutInnen Österreichs
Münchener Schwindelambulanz mit "Schwindeltagebuch" zum Download
KIMM - Kontakte und Informationen zu Morbus Menière
Hans Morschitzky über Angstschwindel
Schwindeltraining

Labor der Johns Hopkins Uni, das am Gleichgewichtsorgan-Transplantat arbeitet

Buchtipp
"Schwindel und Gleichgewichtsstörungen", Facultas Verlag, 2019
Link zum Buch

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