Feldarbeiterin in Moldawien

AP/JOHN MCCONNICO

Praxis Spezial

Moldau: Ferne Heimat der Pflegerinnen

"Republik Moldau: Getrennte Familien, getrennte Kirchen, getrennte Politik". Im Rahmen der Praxis-Sommerserie "Das Beste zum Wiederhören"

In keinem anderen Land Europas ist die Armut so groß wie in der Republik Moldau. Aufgrund der hohen Arbeitslosenrate ist Moldau das Land mit der größten Arbeitsmigration ins Ausland. Inzwischen lebt ungefähr ein Viertel der arbeitsfähigen Bevölkerung im Ausland. Zurück bleiben oft die Kinder und die alten Menschen. Die vom österreichischen Jesuitenpater Georg Sporschill gegründete Hilfsorganisation "Concordia", die heute von Ulla Konrad und Pater Markus Inama SJ geleitet wird, versucht aus der Not eine Tugend zu machen und bringt in ihren Tageszentren Alt und Jung zusammen. Die Migration hinterlässt allzu oft zerstörte Familien: Väter, die in Russland am Bau arbeiten und Mütter, die als Pflegekräfte nach Europa, nach Israel oder in die Türkei gehen. Wie wichtig diese Menschen für unser Gesundheits- und Pflegesystem sind, ist gerade in der Corona-Krise wieder deutlich geworden.

Getrennt - aufgrund der bewegten Geschichte der Republik Moldau - sind auch die christlich-orthodoxen Kirchen: die moldauisch-orthodoxe Kirche, die dem Patriarchat von Moskau untersteht, und die orthodoxe Kirche Bessarabiens, die zum Patriarchat Bukarest gehört. Die Gräben zwischen den beiden Kirchen werden in den vergangenen Jahren eher breiter als schmäler. Daneben gibt es noch religiöse Minderheiten wie Katholiken, die Zeugen Jehovas oder die heute sehr kleine jüdische Gemeinde in Chisinau. Um 1900 war die Stadt ein Zentrum jüdischen Lebens im russischen Kaiserreich, Jüdinnen und Juden stellten mit 46 Prozent die größte Bevölkerungsgruppe in Chisinau. Doch im Zuge eines immer stärker werdenden Antisemitismus kam es wiederholt zu Pogromen und während der NS-Zeit fielen schließlich weite Teile der jüdischen Bevölkerung der Shoah zum Opfer. Einen interreligiösen Dialog zwischen den verschiedenen Religionen gebe es "theoretisch", meint der junge Gemeinderabbiner von Chisinau, de facto dominiere aber die zahlenmäßig größte moldauisch-orthodoxe Kirche.

Seit dem Zerfall der Sowjetunion und der Unabhängigkeit der Republik Moldau sind viele alte Kirchen, Felsenklöster und Kathedralen wieder renoviert und neu eröffnet worden und die 500-jährige Kirchenarchitektur ist ein wichtiger Faktor für den Tourismus. Auch das St. Georg Kloster in Suruceni wurde von schwarz gekleideten Ordensfrauen wieder zu neuem Leben erweckt: Wo einst ein Viehstall war, wird heute wieder Gottesdienst gefeiert.
Ebenso bleibt das Land politisch gespalten. Orientieren sich die einen eher Richtung Europäische Union beziehungsweise dem Nachbarn Rumänien zu, halten die anderen die traditionell engen Beziehungen zu Russland hoch. Anschaulich wird dieser Konflikt rund um die Autonomieregionen Transnistrien und Gagauzia. "Unsere Sprache, unsere Kultur, das alles ist russisch", meint etwa der Vizebürgermeister von Congaz in Gagauzia, dem "größten Dorf Europas", "doch die finanzielle Unterstützung durch die Europäische Union ist sehr wichtig für uns, also warten wir ab, wie sich die Stimmung in den nächsten Jahren entwickelt."

Gestaltung: Alexandra Mantler
Moderation: Judith Fürst

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