Pfeile in zwei Richtungen

ORF/JOSEPH SCHIMMER

Ö1 Kunstsonntag: Überblick

Unterwegs - Aufbrechen, Ankommen

Heute machen wir es so, wie es einst schon die Peripatetiker um Aristoteles gemacht haben. Beim Spazieren durch die Wandelhalle kommen bekanntlich die Gedanken in Bewegung - und diesen Effekt machen wir uns auch am heutigen Abend zunutze: ein Kunstsonntag im Reisemodus und Vorwärtsgang.

Teheran und Wien - das sind die ersten Stationen unserer Reise, in der Ö1-Radiosession ist heute Tahereh Nourani zu Gast. Nourani wurde als klassische Querflötistin ausgebildet, doch nachdem ihr die klassische Musik allein - trotz aller Erfolge - nicht die erhoffte kreative Erfüllung brachte, wandte sie sich der Improvisation zu. Als Flötistin ist sie mittlerweile seit zehn Jahren in der Wiener Szene zugange, unter anderem beim Vienna Improvisers Orchestra von Michael Fischer. In dieser Zeit hat Nourani auch den Elektro-Bass für sich entdeckt und völlig neue Ausdrucksformen entwickelt.

Anschließend, um 20:15 Uhr, zieht es uns wieder in die Ferne, nämlich nach Tokio und Hamburg, in den Tonspuren gibt es ein Portrait der japanischen Schriftstellerin Yoko Tawada zu hören: "Die Fremde aus der Dose". Die Geschichte beginnt mit einem Sturz am Bahnhof - und mit einer ungeplanten Ankunft in Norddeutschland, in Hamburg. "Ich hatte kein Vorhaben, ich hatte nur das Gefühl, es musste etwas passieren, wenn ich das tue. Das war alles, was in meinem Kopf war", sagt Yoko Tawada über die Entscheidung, ihrer Heimat den Rücken zu kehren.

Carmen McRaes Album "Sarah: Dedicated To You" steht im Mittelpunkt der Milestones. Im Jahr 1991 geht die inzwischen 71-Jährige ins Studio, um eine Hommage an eine bedeutende Wegbegleiterin aufzunehmen: an die im Jahr zuvor verstorbene Sängerin Sarah Vaughan. Es ist im doppelten Sinne ein Werk des Abschieds, denn dieses Album sollte auch ihr, McRaes, letztes sein. Eines, in dem sie ihre Stimme so berührend einsetzt, als hätte sie es geahnt: Dies ist das letztes Mal.

Eine Stimme aus der Ferne ist auch in den Neuen Texten zu hören, die Wiener Autorin Tanja Raich hat sich auf eine Reise zu einer exotischen Insel begeben und muss dort alsbald feststellen: Das Leben im Paradies hat auch seine Tücken: "Die Katze ist ein fleischfressendes Tier", zu hören ab 21:40 Uhr.

Nach den Nachrichten um 22.00 Uhr geht es weiter mit einer transatlantisch-musikalischen Betrachtung in Zeitton-Extended: Marie-Therese Rudolph spricht mit dem Geiger und Dirigenten Ernst Kovacic über das Werk von Ernst Krenek - und präsentiert faszinierendes Anschauungs- bzw. Anhörungsmaterial des in Österreich geborenen und 1938 in die USA emigrierten Komponisten.

Die Filmkolumne ZOOM-In beginnt mit einer Besprechung von "Die obskuren Geschichten eines Zugreisenden", dem aktuellen Film des Spaniers Aritz Moreno - entpuppt sich allerdings alsbald als eine Durchquerung der Filmgeschichte. Bevorzugtes und einziges Fortbewegungsmittel: der Zug. Am Steuer: Alfred Popp.

In Radiokunst - Kunstradio geht es mit dem VW-Bus nach Sylt. Der Protagonist des Hörspiels "Chinchilla Arschloch, waswas"leidet am Tourette-Syndrom, daher der deftige Titel. Das Stück besticht durch unkonventionelles Spiel und charmant eingesetzte Verbalinjurien. So sah das auch die Jury des Deutschen Hörspielpreises, sie schrieb letztes Jahr in der Begründung der Zuerkennung ebenjener Auszeichnung: Das Hörspiel "tritt der bedrohlichen Zunahme von virtuellen und analogen Hassattacken im Wortsinn in den Arsch."

Sendereihe

Gestaltung

  • Robert Czepel