Radiokolleg - Gustav Mahler als Weltenbauer

31. August 2020, 09:45

Im Juli dieses Jahres jährte sich der Geburtstag Gustav Mahlers zum 160. Mal. Geboren 1860, zählt Mahler zählt zur Reihe jener Komponisten des späten 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts, deren Musik als Spiegel ihrer gesamten Weltanschauung verstanden werden kann. Unter dem Einfluss verschiedener Ideologien und Denkweisen entwickelte er sein eigenes Weltbild, welches in erster Linie in seinen Symphonien, jedoch ebenso in seinen Liedern zum Ausdruck gelangte. Neun Symphonien vollendete Mahler, und in jeder findet seine viel zitierte Äußerung über seine Art zu komponieren ihre Verwirklichung: "Symphonie heißt mir eben: mit allen Mitteln der vorhandenen Technik eine Welt aufbauen".

Es ist tönende Metaphysik, die das Werk Mahlers beherrscht, und die durch zahlreiche Denkrichtungen geprägt wurde. Bereits als Student war Gustav Mahler Mitglied mehrerer literarischer und philosophischer Kreise, beschäftigte sich mit der Antike ebenso wie mit Shakespeare, den deutschen Klassikern oder den Philosophen des 19. Jahrhunderts. Vor allem das Kunstverständnis und die Auffassung Friedrich Nietzsches oder Richard Wagners waren in den belesenen Studentenzirkel des Fin de Siècle en vogue.

Diese Einflüsse lassen sich in Mahlers Gesamtwerk immer wieder finden, wobei Glaubenssätze und philosophische Weltanschauungen dabei mitunter indirekt miteinander verwoben werden. Während sich die Lieder eher an "volkstümlicher" Poesie anlehnen (besonders Gedichte von Friedrich Rückert und der Sammlung des Knaben Wunderhorn), hält die "hohe" Poesie (der Klopstock-Choral "Auferstehen!", Nietzsches "Zarathustra" oder Goethes "Faust") Einzug in Mahlers symphonisches Werk.

Gustav Mahler war davon überzeugt, seine ganze Welt und philosophische Lebesauffassung ebenso in Tönen wiedergeben zu können wie Empfindungen, Naturvorgänge oder Landschaften. Und wie bei kaum einem anderen Komponisten hingen bei ihm Kunst, religiöser Glaube und philosophische Weltanschauung aufs Engste zusammen.

Service

Literatur:

Erich Wolfgang Partsch und Morten Solvik (Hg.): Mahler im Kontext / Contextualizing Mahler (Böhlau, 2011).

Constantin Floros: Die geistige Welt Gustav Mahlers in systematischer Darstellung (Breitkopf & Härtel, 2016, 4. Auflage).

Bernd Sponheuer und Wolfram Steinbeck (Hg.): Mahler-Handbuch (Metzler/Bärenreiter, 2010).

Alexander Odefey (Hg.): Gustav Mahler und die Spiritualität (Peter Lang, 2017).

Julian Johnson: Mahler's Voices (Oxford University Press, 2009).

Link:
Internationale Gustav Mahler Gesellschaft


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• Eva Teimel