ORF/JOSEPH SCHIMMER
Logos - Glauben und Zweifeln
Das Gewissen
"Das perfekte Ruhekissen?" Teil 2: Ein allgemein menschliches Phänomen
5. September 2020, 19:05
Wenn wir schwere Fehler gemacht haben oder entscheidende Handlungen von uns unterlassen wurden, dann spüren wir normalerweise das sogenannte "schlechte" Gewissen. Manche Menschen meinen überhaupt, es gehe beim Gewissen vor allem darum, sich nichts zuschulden kommen zu lassen und wenn doch, dann eine "weiße Weste" zu behalten bzw. wieder zu erlangen. Für sie ist das das Entscheidende im Leben, dass man ein "gutes" Gewissen im Unterschied zu einem "schlechten" Gewissen hat. Für Letzteres wird dann die Erziehung und speziell eine angebliche "Schuld-Pädagogik" der christlichen Religion verantwortlich gemacht.
Dies ist - kurz umrissen - das vulgäre Verständnis des Gewissens. Diese verkürzte - wenn auch weit verbreitete - Sicht auf das Gewissensphänomen prägt die Einstellung vieler Menschen, weshalb sie damit wenig anfangen können. Sie halten das Gewissen dann im Umkehrschluss für eine reine Privatsache.
Geht man der Sache tiefer auf den Grund, stößt man auf die ursprüngliche Bedeutung des Gewissens-Begriffs. Gewissen heißt auf Griechisch "Synteresis" und lateinisch "Con-scientia". Beide Wortwurzeln bedeuten übersetzt ein "Mit-Wissen" bzw. "Zusammmen-Wissen". Das Gewissen ist zwar existenziell unser höchst persönliches, aber dennoch ist es keine rein private Sache. Denn als Menschen verstehen wir uns mit anderen gemeinsam auf die Dinge unserer Lebenswelt. Jede Beziehung, jeder Vertrag, jede gesellschaftliche Vereinbarung gründet auf der Überzeugung der Gewissenhaftigkeit von Menschen.
Was ist ein personales Gewissen im Unterschied zu seinen pathologischen Formen? Wie entsteht Gewissen? Wodurch wird es gebildet? In der mittelalterlichen Moraltheologie wurde vom Gewissen noch als der Stimme Gottes gesprochen. Geht das heute noch? Was zeigt sich im "Gewissensruf" und kann man dem überhaupt trauen?
LOGOS geht im zweiten Teil dieser Reihe dem Phänomen des Gewissens auf den Grund, den Formen des alltäglichen Gewissens und seiner pathologischen Formen ebenso, wie dem ursprünglichen Gewissen, das es heute neu zu entdecken gilt. Wiederholung der Sendung vom 24.2.2018 im Rahmen der Logos-Sommerreprisen