
APA/HERBERT NEUBAUER
Punkt eins
Die arabische Welt - die Zeichen stehen auf Sturm
Die arabischen Rebellionen und deren Zerschlagung sind erst der Anfang.
Gast: Karim El-Gawhary, Journalist, Buchautor, ORF-Auslandskorrespondent, Leiter des ORF-Nahostbüros in Kairo.
Moderation: Andreas Obrecht.
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14. September 2020, 13:00
Karim El-Gawhary ist für seine Reportagen, Analysen und Dokumentationen vielfach ausgezeichnet worden. Er ist u.a. 2013 in Österreich zum Journalisten des Jahres gewählt worden und erhielt 2018 den renommierten Axel Corti-Preis. Seit 2004 leitet er das ORF-Nahostbüro in Kairo und berichtet regelmäßig über die Aufstände des arabischen Frühlings, die nach der verzweifelten Selbstverbrennung eines tunesischen Gemüsehändlers im Dezember 2010 begonnen haben.
In Beirut, in Khartuum, in Bagdad und an vielen anderen Orten mischt sich El-Gawhary unter die Demonstranten, er führt Interviews mit Politikern, religiösen Führern, Militärs, mit Vertreterinnen und Vertretern zivilgesellschaftlicher Organisationen und immer wieder erzählt er in seinen Beiträgen von den sogenannten einfachen Leuten, die unter der dreifachen Bürde - Armut, Ungleichheit, Machtlosigkeit - besonders zu leiden haben.
Die arabischen Rebellionen gelten bis auf wenige Ausnahmen als gescheitert. In Ägypten herrscht das Militär, in Syrien nach wie vor Assad, Libyen versinkt im Chaos, der Stellvertreterkrieg im Jemen hat zu einem humanitären Desaster geführt und die autokratischen Regime - allen voran die Golfstaaten - versuchen jede gesellschaftliche Entwicklung im Keim zu ersticken. Für Karim El-Gawhary ist der Kampf zwischen Aufbegehren und Autokratie freilich noch lange nicht entschieden. Die arabischen Gesellschaften oszillieren zwischen islamisch-religiösen und liberal-säkularen politischen Strömungen, zwischen dem Reichtum der Ölstaaten und der Armut von zwei Drittel der Bewohnerinnen und Bewohner der arabischen Welt, zwischen den Kontrahenten Saudi Arabien und dem Iran und den jeweiligen Verbündeten - USA, Russland, Israel, Türkei. Die Folgen davon sind Krieg, Hunger, Elend, auch weitere Migration nach Europa.
"Zu viele Köche im Nahen Osten verderben den Brei. Die arabische Welt ist zwar weniger kolonialistisch, dafür aber komplizierter geworden", resümiert Karim El-Gawhary in seinem aktuellen Buch "Repression und Rebellion. Arabische Revolution - was nun?" Die Rebellion ist durch Corona zwar kurz unterbrochen worden, das Ringen um Macht, Einfluss, Konsolidierung und Demokratisierung der Gesellschaften hat freilich gerade erst begonnen.
In Punkt eins als Gast bei Andreas Obrecht analysiert Karim El-Gawhary die Folgen der arabischen Revolutionen und spricht über die Faszination seines Berufes, der ihn immer wieder auch sehr gefährlichen Situationen aussetzt.
Die Redaktion freut sich über die Beteiligung der Hörerinnen und Hörer an dem Gespräch, unter punkteins(at)orf.at oder unter 0800 22 69 79 während der Sendung.
Service
Buch:
Karim El-Gawhary: Repression und Rebellion. Arabische Revolution - was nun? Verlag Kremayr & Scheriau, Wien. 2020
Sendereihe
Gestaltung
- Andreas Obrecht
Playlist
Komponist/Komponistin: Anouar Brahem
Titel: Pique-Nique À Nagpur (davon 12 Sekunden unterlegt)
Ausführende: Anouar Brahem
Länge: 02:38 min
Label: ECM
Komponist/Komponistin: Anouar Brahem
Titel: Al Hizam Al Dhahbi (davon 5 Sekunden unterlegt)
Ausführende: Anouar Brahem, John Surman & Dave Holland
Länge: 02:27 min
Label: ECM
Komponist/Komponistin: Dave Holland
Titel: Mazad (davon 20 Sekunden unterlegt)
Ausführende: Anouar Brahem, John Surman & Dave Holland
Länge: 02:30 min
Label: ECM