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Dimensionen
"Werde, der du bist!"
Friedrich Nietzsche und der französische Existenzialismus
Von Nikolaus Halmer
22. September 2020, 19:05
Friedrich Nietzsche nimmt im französischen Existenzialismus auf den ersten Blick keinen wesentlichen Stellenwert ein. In den Werken von Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir finden sich wenig Hinweise auf den "Umwerter aller Werte". Auch Albert Camus hielt kritische Distanz zu Nietzsche. Zentral war für den deutschen Philosophen die Aufforderung an das Individuum, sich immer neu zu entwerfen, das Leben als Experiment zu führen und einen spezifischen Lebensstil auszubilden.
Auch bei Sartre und Beauvoir soll dieses Individuum in zahlreichen Experimenten lernen, für sich selbst neue Werte zu schaffen. Das Experimentieren darf dabei nicht als wahllose Aneinanderreihung von Erlebnissen verstanden werden. Es bedarf einer Formgebung der Existenz und der Ausbildung eines Lebensstils, um die Fesseln ideologischer oder religiöser Dogmen abzustreifen. Auf einen zweiten, genaueren Blick lassen sich also doch Gemeinsamkeiten in den Denkentwürfen entdecken. Dann wird aus Nietzsches "Werde, der Du bist" Satres und de Beauvoirs Credo "Der Mensch ist das, wozu er sich macht."
Service
LITERATURTIPPS:
Friedrich Nietzsche: Ecce homo. Wie man wird, was man ist, dtvJean-Paul Sartre: Der Existenzialismus ist ein Humanismus, Rowohlt Taschenbuch (antiquarisch erhältlich)
Simone de Beauvoir: Das andere Geschlecht. Sitte und Sexus der Frau, Rowohlt
Albert Camus: Der Mythos des Sisyphos, Rowohlt
SEKUNDÄRLITERATUR:
Hans-Martin Schönherr-Mann: Friedrich Nietzsche, UTB Profile
Hans-Martin Schönherr-Mann: Sartre - Philosophie als Lebensform, C.H. Beck, München 2005 (antiquarisch erhältlich)
Hans-Martin Schönherr-Mann: Simone de Beauvoir und das andere Geschlecht, dtv
Andreas Urs Sommer: Nietzsche und die Folgen, J.B. Metzler
Andreas Urs Sommer: Was bleibt von Nietzsches Philosophie? Duncker & Humblot
Andreas Urs Sommer: Nietzsche - Philosoph der Kultur(en)? De Gruyter