DPA/HEIKO BERNER
Radiokolleg - Singen mit ideologischem Grundton
Das Volkslied und seine politische Instrumentalisierung (1). Gestaltung: Sabrina Adlbrecht
28. September 2020, 09:45
Volksmusik und insbesondere Volkslieder sind für viele Menschen lebendiger Ausdruck von Identität, Unverwechselbarkeit und Zusammengehörigkeit - Schlagwörter, die in Zeiten von Globalisierung und bröckelnder gesellschaftlicher Solidarität offenbar immer mehr an Bedeutung gewinnen. Dafür sprechen auch die in den vergangenen Jahren gestiegenen Verkaufszahlen von Tonträgern aus diesem Genre. Heimat, Liebe, Abschied, Verlust - in Volksliedern werden immer gültige Themen verhandelt, verpackt in eingängige Melodien; vielleicht ist es aber auch die Sehnsucht nach dem vermeintlich Ursprünglichen und Natürlichen, das für manche deren besonderen Reiz ausmacht.
Allerdings war dieses vermeintlich "Ursprüngliche" und "Natürliche" schon im späten 18. Jahrhundert, als der Begriff "Volkslied" zum ersten Mal aufkam, etwas höchst Künstliches - ein ästhetisches Konstrukt, entworfen von Gebildeten, die an der Schwelle zur Industrialisierung sehnsuchtsvoll auf eine "gute alte Zeit", auf ein ländliches Idyll zurückblickten. Die romantischen Volkslieder sollten weder frivol, noch städtisch und erst recht nicht politisch sein - doch das änderte sich bald. So spielten Volkslieder zum Beispiel schon im Vormärz für die nationale Identitätsbildung eine große Rolle. Der zunehmende Nationalismus im 19. Jahrhundert beförderte auch das Anlegen umfangreicher Volkslied-Sammlungen. In Österreich führte diese Sammeltätigkeit 1904 zur Gründung des so genannten "Volksliedunternehmens", das eine repräsentative Ausgabe des Liedgutes in Österreich und den damaligen Kronländern erstellen sollte. Es ging darum, regionale Eigenheiten zu fördern, gleichzeitig aber auch dem Vielvölkerstaat zu einem übergeordneten Nationalgefühl zu verhelfen.
Das intensive Sammeln von Volksliedern hielt bis Ende der 1920er Jahre an. Im Jahrzehnt darauf wandelte sich das Interesse - nun stand die Pflege der gesammelten Lieder im Vordergrund, öffentliche Chorauftritte, "Volkslieder-Wettsingen" u. ä. Veranstaltungen boomten. Diese Praxis wurde von den Nationalsozialisten teils direkt übernommen und das "Volkslied" im Sinne ihrer Ideologie instrumentalisiert; und manchmal, so konstatieren Volksliedforscher/innen, wurden Weichen gestellt, die das NS-Regime überdauern sollten: geistig, sprachlich und institutionell ebenso wie in der praktischen "Pflege".
1956 schrieb Theodor W. Adorno, das gemeinsame Singen, besonders von Volksliedern, erinnere ihn an faschistische Massenveranstaltungen. Dass dies "not sei", stehe nirgends geschrieben. Allerdings fügte Adorno noch hinzu: "Zu fragen ist, was gesungen wird, wie und in welchem Ambiente" - und diese Fragen zu stellen, ist nach wie vor aktuell.
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Sendereihe
Gestaltung
Playlist
Komponist/Komponistin: Felix Mendelssohn Bartholdy
Textdichter/Textdichterin, Textquelle: Joseph von Eichendorff
Album: IN EINEM KÜHLEN GRUNDE - Eichendorff Chorlieder des 19. und 20. Jh.
Titel: Abschied vom Walde op.59 Nr.3 - für gemischten Chor
Textanfang: O Täler weit, o Höhen
Chor: Kammerchor der Johann Wolfgang Goethe Universität Frankfurt
Leitung: Christian Ridil
Länge: 03:18 min
Label: Gema CD 109
Komponist/Komponistin: Richard Strauss
Textdichter/Textdichterin, Textquelle: Simon Dach
Vorlage: Johann Gottfried Herder
Album: SINGPHONIC REGER & STRAUSS - DIE SINGPHONIKER
Titel: Lied der Freundschaft - Lied für fünf Männerstimmen a cappella
Textanfang: Der Mensch hat nichts so eigen, so wohl steht ihm nichts an, als dass er Treu erzeugen und Freundschaft halten kann
Ausführende: Die Singphoniker
Ausführender/Ausführende: Alfons Brandl /Tenor
Ausführender/Ausführende: Hubert Nettinger /Tenor
Ausführender/Ausführende: Ludwig Thomas /Bariton
Ausführender/Ausführende: Michael Mantaj /Baßbariton
Ausführender/Ausführende: Christian Schmidt /Baß
Länge: 04:18 min
Label: cpo 9999662
Urheber/Urheberin: aus "444 Jodler und Juchezer" von Dr.Josef Pommer
Album: Lieder und Jodler
Titel: Ruaf der Stiererbauern
Ruf
Solist/Solistin: Bibi Rehm /(a)
Länge: 00:20 min
Label: H.REHM CD34