Alte Musik - neu interpretiert

Faszinierend und voller Rätsel: Claudio Monteverdis "Marienvesper"

präsentiert von Gerhard Hafner. L'Arpeggiata, Leitung: Christina Pluhar.
Claudio Monteverdi: "Marienvesper" (aufgenommen am 4. September 2011 beim Festival Alter Musik in Utrecht)

Wir schreiben das Jahr 1610. Monteverdi ist 43 Jahr alt und steht seit fast 20 Jahren im Dienste der Fürstenfamilie der Gonzaga. Er will sich verändern und macht für sich die beste und großartigste Werbung, die vorstellbar ist: er schreibt die "Vespro della beata vergine" (Marienvesper), die geistliche Schwester, der drei Jahre zuvor entstandenen Oper "L'Orfeo".

Kaum ein Werk hat Forschern und Musikern mehr Nüsse zu knacken gegeben, als diese größte "Leistungsschau" geistlicher Musik vor Bachs h-Moll-Messe. Angesiedelt in der Umbruchzeit zwischen Renaissance und Barock ist die Vesper aufregend neu und doch der Tradition verpflichtet. So liegt den Psalmen zwar stets die Melodie der traditionellen Psalmtöne zugrunde. Doch zwingt sie Monteverdi unter das Geflecht seiner ausgeklügelten Mehrstimmigkeit: Die einzelnen Verse balancieren über diesem Fundament wie Variationssätze, wobei sie die Schwierigkeiten und Festlegungen durch die Vorlagen so virtuos leugnen, als wären sie organisch mit ihnen entstanden.

Der Titel "Marienvesper" weist auf den liturgischen Charakter des Stückes hin. Die Komposition enthält die Haupteile des katholischen Abendgottesdienstes. Ob das Werk jedoch tatsächlich für die Aufführung im kirchlichen Rahmen konzipiert war, ist ungewiss, denn Monteverdi leitet die fünf Vespernpsalmen nicht mit liturgischen Wechselgesängen ein, sondern fügt zwischen die mottetisch angelegten Psalmkompositionen vier Concerti ein, die als generalbaßbegleitete Solokonzerte auf eine eher konzertähnliche Aufführung außerhalb des kirchlichen Rahmens hinweisen. Nach dem Psalmteil steht im zweiten Teil des Werkes das Marienlob - das Hauptanliegen jeder Vesper - im Vordergrund. Das gesamte Werk ist geprägt vom Wechsel zwischen chorischen und solistischen Partien.

Beim "Festival Alter Musik in Utrecht", Ausgabe 2011, brachten die gebürtige Grazer Lautenistin Christina Pluhar und das von ihr gegründete Originalklangensemble "L' Arpeggiata" Monteverdis "Vespro Della Beata Vergine" zum Klingen. Als musikalische Einstimmung zum hohen Marienfeiertag "Maria Empfängnis", am 8. Dezember,können Sie dieser Aufführung nachspüren.

Sendereihe

Gestaltung

  • Gerhard Hafner

Playlist

Komponist/Komponistin: Claudio Monteverdi
Vorlage: Bibel AT/Psalmen
Vorlage: Bibel AT/Hohelied
Vorlage: Bibel NT/Lukas 1, 46-55
Textdichter/Textdichterin, Textquelle: latein.Hymnus a.d.8.Jh
Titel: VESPRO DELLA BEATA VERGINE mit Magnificat - Vesper für Solisten, Chor und Orchester
Ausführende: L' Arpeggiata
Leitung: Christina Pluhar
Länge: 78:25 min
Label: IPS / NLNPO

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