Beate Winkler über die Kunst der Möglichkeit

3. Dezember 2020, 06:56

Wann werden wir gegen Corona geimpft sein, damit wir wissen, wie es weitergeht mit unserem Leben? Diese Frage bewegt viele Menschen - mich auch. Doch was kann ich tun, um die Situation erträglicher zu machen, fragt die unverbesserliche Optimistin in mir.

In solcher Situation hilft mir meine Auseinandersetzung mit dem Phänomen "Veränderung". Viele sprechen von ihr, doch fast keiner will sie, weil sie unserem Sicherheitsbedürfnis widerspricht. Die Verunsicherung ist besonders groß, wenn ich mit einem so tiefgreifenden Wandel konfrontiert bin wie jetzt. Es ist eben nicht nur Corona, sondern ganz andere Herausforderungen kommen hinzu: Klimawandel, Digitalisierung, Globalisierung, Migration, um nur einige zu nennen. Ich ahne auch, dass ich nicht die Antworten von gestern downloaden kann für die Fragen von heute, sondern vollkommen neu denken sollte - wie vor einem leeren weißen Papier.

Ob und wie ich dieses leere weiße Papier fülle, hängt wesentlich von meiner Haltung ab. Ob ich offen bin für die Offenheit, Vertrauen habe, dass das Leben trägt. Wenn ich auf die Chancen schaue, die mit der Situation verbunden sind, wenn ich auf die Ressourcen blicke, die mir zur Verfügung stehen, dann kann ich in der Regel Krisen erfolgreich bewältigen. Und nicht vergessen sollte ich, auf all das zu schauen, was wir gemeinsam erreicht haben: Wir leben in der friedlichsten Periode der Menschheitsgeschichte - trotz terroristischer Morde wie vor kurzem in Wien.

Uns ist z.B. der Aufbau nach dem 2. Weltkrieg, das Friedensprojekt Europa, der Fall des Eisernen Vorhanges gelungen. Wir haben Grund, der Zukunft zu vertrauen. Darauf zu vertrauen, dass das Leben trägt. Um mit Rilke zu sprechen: "Reifen wie ein Baum, der seine Säfte nicht drängt und getrost in den Stürmen des Frühlings steht, ohne Angst, dass dahinter kein Sommer kommen könnte. Er kommt doch!"

Service

Kostenfreie Podcasts:
Gedanken für den Tag - XML
Gedanken für den Tag - iTunes

Sendereihe

• Gedanken für den Tag

Gestaltung

• Alexandra Mantler