ORF/JOSEPH SCHIMMER
Punkt eins
Dem Schicksal entrinnen?
Unabwendbares zum Jahresende.
Gast: Alexander Draxl, Junior Fellow, Internationales Forschungszentrum Kulturwissenschaften (IFK).
Moderation: Xaver Forthuber
Anrufe kostenlos aus ganz Österreich unter 0800 22 69 79, E-Mails an punkteins(at)orf.at
31. Dezember 2020, 13:10
"Totgesagte leben länger", sagt Alexander Draxl über den Begriff des Schicksals, der heute vielfach für archaisch und vormodern gehalten wird. Dabei hat der Kulturwissenschaftler herausgefunden, dass der Glaube an das Schicksal - und die von ihm ausgehende Faszination - um die Wende zum 20. Jahrhundert sogar eine Hochblüte erlebte. In einer Zeit also, von der man denken könnte, Industrialisierung, Wissenschaft und Technikeuphorie hätten die letzten Reste von Schicksalsglauben obsolet gemacht.
Alexander Draxl studierte Erziehungswissenschaft und Psychologie in Innsbruck, 2017 nahm er ein Doktoratsstudium der Germanistik an der Princeton University auf. Beim Internationalen Forschungszentrum Kulturwissenschaften der Kunstuniversität Linz untersucht er derzeit, wer warum und in welcher Form um 1900 das Schicksal als Erklärungsmodell gebrauchte. Die Paradoxie, dass ein scheinbar aus der Zeit gefallener Begriff sich beständig hielt und eher noch an Relevanz gewann, war schon der zeitgenössischen Philosophie, Psychologie oder Literatur keineswegs entgangen.
Und wo liegen wir im Wettrennen mit dem Schicksal heute? Im April dieses Jahres bezeichnete die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel die EU als eine "Schicksalsgemeinschaft", als sie im Parlament um europäische Solidarität bei der Pandemiebekämpfung warb.
Zu Ende des Jahres 2020 fragen wir uns noch einmal: Wo liegen die Grenzen des Schicksals? Welche Rolle übernimmt es in unserem Denken, dass wir es nicht loszuwerden scheinen? Führt der Verweis auf das Schicksal automatisch zur Selbstaufgabe? Diskutieren Sie mit Alexander Draxl: Rufen Sie in der Sendung an unter 0800 22 69 79 oder schreiben Sie ein E-Mail an punkteins(at)orf.at.