Patricia Highsmith

Patricia Highsmith - AP

Gedanken für den Tag

Brigitte Schwens-Harrant über Patricia Highsmith

"Begegnung mit dem Bösen". Brigitte Schwens-Harrant, Literaturkritikerin, Buchautorin und Feuilletonchefin der Wochenzeitung "Die Furche", anlässlich des 100. Geburtstages von Patricia Highsmith

"Sie war nicht nett. Sie war selten höflich." So beginnt eine Biografie über Patricia Highsmith und das ist in mancher Hinsicht wohl zu harmlos formuliert. Je mehr ich über die amerikanische Schriftstellerin las, desto mehr schien sie mir als eine Verkörperung dessen, worüber sie schrieb. Nein, umgekehrt: erschien mir ihr Schreiben als eine Verkörperung dessen, was sie wohl auch in sich spürte: Abgründe, Ablehnung, Vorurteile, Hass, Widersprüche, Gegensätze.

Patricia Highsmith hielt sich selbst für liberal. Sie setzte sich für Umweltschutz ein. Sie verabscheute Kriege. Sie war mit Jüdinnen und Juden befreundet und schrieb eine zeitlang über jüdische Kunst und Kultur.

Aber: Viele der von ihr überlieferten Aussagen muss man als rassistisch bezeichnen, viele als antisemitisch. Highsmith fiel mit vehementen Beiträgen gegen Israel auf. Einige Äußerungen der am 19. Jänner 1921 in Texas geborenen Schriftstellerin sind absolut verstörend. Sie verachtete auch die Frauenbewegungen, die sie nicht zu brauchen meinte: Denn immer verdiente sie selbstständig ihr Geld.

Im kommenden Herbst sollen ihre Notiz- und Tagebücher erstmals veröffentlicht werden. Tausende Seiten. Wer will, kann dann dieser widersprüchlichen Persönlichkeit nachspüren, ohne, wie jetzt, auf ausgewählte Zitate in den Biografien angewiesen zu sein.

Ging Highsmith in ihren wohlgeformten Texten diesen dunklen Aspekten auch der eigenen Persönlichkeit nach? Ermöglichte das Schreiben, das Böse in eine Form zu bringen, mittels der man sich damit auseinandersetzen kann - sie, die Autorin, und wir, die Leserinnen?

Das Wissen, dass das Böse im Menschen ebenso werkt wie das Gute, zieht jedenfalls eine unübersehbare Spur durch ihre literarischen Werke; "jedes Buch ist ein Streit mit mir selbst", meinte sie einmal, "und ich würde es schreiben, auch wenn es nie publiziert werden sollte."

Service

Patricia Highsmith, "Zwei Fremde im Zug", Verlag Diogenes
Andrew Wilson, "Schöner Schatten. Das Leben von Patricia Highsmith", Berlin Verlag
Joan Schenkar, "Die talentierte Miss Highsmith", Verlag Diogenes

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Carter Burwell/geb.1955
Gesamttitel: CAROL / Original Filmmusik
Titel: Datebook/instr. - tw. 2x gespielt
Orchester: Filmorchester
Leitung: Carter Burwell
Länge: 00:52 min
Label: Varese Sarabande 302067380B /

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