Abschied von Arik Brauer

25. Jänner 2021, 17:30

Eigentlich gingen wir ja davon aus, dass er 120 wird, nach biblischem Befund ist das eine realistische Lebenserwartung, weshalb der jüdische Geburtstagswunsch auch "Bis 120!" lautet. Aber offen gestanden hielten wir ihn für unsterblich. Wer Arik Brauer radeln, Schi fahren, die Treppen rauf und runterlaufen gesehen hat, gehört hat, wie er mit demselben Elan und derselben Geschwindigkeit dachte und sprach wie eh und je, konnte sich nicht vorstellen, dass er je diese Welt verlassen würde.

Aber er wollte nie Erwartungshaltungen erfüllen, hat seit seiner Kindheit in Ottakring seinen sehr eigenständigen, sehr unkonventionellen Weg gefunden, vereinte in sich altmeisterliches Malen im Stil des Phantastischen Realismus und Schreiben und Singen engagierter Protestlieder im frühen Austropop, zu dessen Begründern er gezählt wird. Er schuf Bühnenbilder, baute und gestaltete Häuser, prägte Musik, Architektur, Theater, schrieb Bücher und war vor allem eines: Künstler.

Nach der Schule besuchte er die Schusterwerkstatt seines Vaters, setzte sich zu ihm, machte dort seine Aufgaben, beobachtete, hörte zu und zeichnete. Noch aus dem Vernichtungslager in Lettland hat sich sein Vater in seinem letzten Brief erkundigt, ob der Erich - wie Arik Brauer ursprünglich hieß - noch malt. Den Brief bewahrte Arik Brauer bis zuletzt auf.

Wir erinnern an den Musiker und Liedermacher Arik Brauer, professionell war das ein Abschnitt seines Lebens, aber privat war Musik Bestandteil seines Lebens, denn mit seiner Frau, seinen drei Töchtern, Schwiegersöhnen, seinen Enkeln wurde vollkommen selbstverständlich gesungen und musiziert.

Gestern hat Arik Bauer im Beisein seiner Familie diese Welt verlassen. Seine letzte Botschaft birgt ein Geheimnis: "Ich war so glücklich mit meiner Frau, mit meiner Familie, mit meiner Kunst und meinem Wienerwald. Aber es gibt eine Zeit, da lebt man, und es gibt zwei Ewigkeiten, da existiert man nicht."

Sendereihe

• Spielräume

Gestaltung

• Mirjam Jessa