Ausschnitt des Buchumschlags, Maxerl steht an der Klippe

KREMAYR & SCHERIAU

Gedanken für den Tag

Petra Ramsauer über Angst

"Vom Mut, sich der Angst zu stellen". Petra Ramsauer, Journalistin und Autorin, beschreibt ihren eigenen Weg, mit Angst umzugehen

In einem Experiment zeigte der Neurobiologe Jaak Panksepp bereits vor Jahrzehnten, wie stark Gefühlsregungen einander beeinflussen und überlagern können. Dabei wurden neugeborene Rattenbabys beobachtet.

Zunächst begannen sie in dem zur Messung festgelegten Zeitraum von fünf Minuten, bis zu fünfzigmal miteinander zu spielen. Vier Tage später wurde ein Katzenhaar in den Käfig gelegt. Der Instinkt der Ratten setzte den Angst-Kreislauf in Gang und sie hörten abrupt auf, herumzutollen. Erst drei Tage nachdem das Haar entfernt worden war, begannen sie wieder zaghaft zu spielen, doch sie erreichten nie wieder die Spiel-Frequenz aus der Zeit vor dem Katzenhaar. Daraus zog Panksepp Schlüsse, die zentral für das Verständnis unserer Gefühlswelt sind. Ist der Zustand von Angst einmal getriggert, dauert es sehr lange, bis der Einfluss auf andere Gefühle wie Freude wieder nachlässt; mitunter ist nach einem prägenden Angstmoment vieles eine Zeit lang nicht mehr so, wie es einmal war.

Auch in unseren Gehirnen sind uralte Bedrohungsszenarien, wie in jenen der Rattenbabys, gespeichert. Vor Stürmen, großen Höhen, Spinnen oder etwa Schlangen. Es sind Relikte der gröbsten Bedrohungsszenarien unserer Urururahnen. Evolutionär sind solche angeborenen Angstneigungen vorteilhaft: Ein kurzer Blick, ein Geräusch oder ein Geruch aktiviert blitzartig den Lebensrettungs-Modus. Und glücklicherweise hat die Evolution auch dafür gesorgt, dass der Mensch im Laufe seiner Entwicklung eine gewaltige Portion Verstand dazu erlangte. Deshalb können wir auch - oder zumindest die meisten - bei Gewitter weiter am Computer spielen.

Selbstsicherheit lässt sich einzementieren, auch bei Bedrohungen. Genauso wie das Gegenteil: Das nagende Gefühl, sich auf dünnem Eis durchs Leben zu bewegen, jederzeit mit dem fatalen Zusammenbruch zu rechnen, wird chronisch, wenn immer mehr Schritte vermieden werden. In seinem vor 50 Jahren erschienenen Buch "Grundformen der Angst" formuliert es Fritz Riemann so: "Würden wir den Impuls der Angst aufgeben, so blieben wir im Gewohnten haften, einförmig schon Daseiendes wiederholen und die Zeit und die Mitwelt würde uns vergessen."

Service

Petra Ramsauer, "Angst", Verlag Kremayr & Scheriau

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Thomas Newman
Gesamttitel: UP CLOSE AND PERSONAL / Original Filmmusik
Titel: She knows now
Anderer Gesamttitel: AUS NÄCHSTER NÄHE / Original Filmmusik
Leitung: Thomas Newman
Orchester: Filmorchester
Länge: 02:23 min
Label: Hollywood Records 1620532

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