Thomas Bernhard

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Gedanken für den Tag

Hubert Gaisbauer über Thomas Bernhard

"Zwei Minuten Finsternis" - Thomas Bernhard. Zum neunzigsten Geburtstag. Ein Nachdenken. Ja, man darf Thomas Bernhard lieben, meint Kulturpublizist Hubert Gaisbauer

Nestbeschmutzer, das war eines der häufigsten Schimpfworte, mit denen Thomas Bernhard bedacht wurde, besonders anlässlich der legendären Aufführung seines Stückes "Heldenplatz". Protestierende Aktivisten haben damals, 1988, vor dem Burgtheater Stallmist abgeladen. Und dies dem Thomas Bernhard, Bauer zu Nathal, wie er stolz auf seinen Traktor schreiben ließ, mit dem er gerne in seinen Wald und auf die Äcker fuhr.

Hat er die Natur geliebt? Man kann es nicht sagen. Wenn man manchen seiner Romanfiguren zuhört, dann hat er sie vielleicht sogar gehasst. "Tatsächlich liebe ich alles, nur nicht die Natur", sagt der Ich-Erzähler in dem Buch "Wittgensteins Neffe", "Ich fürchte sie und meide sie, wo ich nur kann." Was Bernhard hasst, liebt er. Stimmt dieser Satz? In "Holzfällen" lässt er einen Burgschauspieler schwärmen: "In die Natur hineingehen, .und in dieser Natur aus- und einatmen . in den Wald gehen, tief in den Wald hinein" - Was er hasst, liebt er eigentlich. Ist das eine Erklärung für so viele Widersprüche in seinen Büchern?

"In unserem Geschäft hat er keine Plastiksackerl genommen", erzählt der Kaufmann von Ottnang, "und den Essig in Plastikflaschen haben wir auf seinen Wunsch in Glasflaschen umgefüllt". "Ja", meint er, "Bernhard schätzte und schützte die Natur."

In seinem letzten Roman "Auslöschung" - geschrieben vor fast vierzig Jahren - kanzelt er dann seine Zeitgenossen in bester Bernhard-Manier ab: "Ein so dummes Volk, .die schönsten Gebiete sind der Geld- und Machtgier der neuen Barbaren zum Opfer gefallen, wo ein großer schöner Baum steht, wird er umgeschnitten, .wo ein köstlicher Bach zu Tal rinnt, wird er ruiniert. Wie überhaupt alles Schöne mit Füßen getreten wird." - In seinem Hof in Nathal werden auch Ansichtskarten gezeigt, die sich Thomas Bernhard manchmal von seinen Reisen selber geschrieben hat. Und darauf steht: "Beruhige dich! Dein Thomas"

Service

"Der Ignorant und der Wahnsinnige" und "Ein Fest für Boris" in: Thomas Bernhard, "Stücke I", Suhrkamp Verlag
Thomas Bernhard (Hg.), "Christine Lavant. Gedichte", Bibliothek Suhrkamp
Thomas Bernhard, "Ereignisse", Suhrkamp Taschenbuch
Thomas Bernhard, "Heldenplatz", Verlag Suhrkamp
Thomas Bernhard, "Wittgensteins Neffe. Eine Freundschaft", Verlag Suhrkamp
Thomas Bernhard, "Holzfällen. Eine Erregung", Verlag Suhrkamp
Thomas Bernhard, "Auslöschung. Ein Zerfall", Verlag Suhrkamp
Thomas Bernhard, "Gesammelte Gedichte", Verlag Suhrkamp

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Sendereihe

Gestaltung

Übersicht

Playlist

Komponist/Komponistin: Johann Sebastian Bach/1685 - 1750
Titel: Französische Suite für Klavier Nr.3 in h-moll BWV 814
* Sarabande - 3.Satz (00:01:39)
Solist/Solistin: Glenn Gould /Klavier
Länge: 02:00 min
Label: CBS MK42267

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