Thomas Bernhard

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Gedanken für den Tag

Hubert Gaisbauer über Thomas Bernhard

"Zwei Minuten Finsternis" - Thomas Bernhard. Zum neunzigsten Geburtstag. Ein Nachdenken. Ja, man darf Thomas Bernhard lieben, meint Kulturpublizist Hubert Gaisbauer

Der bekannteste Satz von Thomas Bernhard ist wohl der folgende: "Es ist nichts zu loben, nichts zu verdammen, nichts anzuklagen, aber es ist vieles lächerlich; es ist alles lächerlich, wenn man an den Tod denkt."

Es war die Dankesrede bei der Verleihung des Staatspreises 1968. Skandalös empfunden wurden damals aber einige andere Sätze aus der kurzen Rede, zum Beispiel: "Wir sind Österreicher, wir sind apathisch; wir sind das Leben als das gemeine Desinteresse am Leben."

Der Tod. In einem Interview sagt Thomas Bernhard: "Ich denke überhaupt nicht an den Tod. Aber der Tod denkt ständig an mich." Und ein andermal: "Das beruhigt mich ja immer wieder, dass ich weiß, ich bin ja unsterblich. - Und wie!" Nur ganz leise dabei ist die Ironie: "Ich hab ja immer an den Himmel geglaubt", sagt er, "schon als Kind, je älter ich werde, umso mehr glaube ich dran - kein Schmutz, alles ist leicht, schwerelos. Ich bin einer der Wenigen, die wirklich an den Himmel glauben." Und wenn man bei Thomas Bernhard ganz sichergehen will, dass man weder seiner Ironie noch seinem Sarkasmus begegnet, dann sollte man seine Gedichte lesen. In den fünfziger Jahren entstanden, immer etwas vernachlässigt, auch von ihm selber. 1980 hat er wieder darin gelesen und in einem persönlichen Exemplar vermerkt: ".hat mir heute sehr gut gefallen". Heute und sehr gut sind dabei unterstrichen.

Am 12. Februar 1989 ist Thomas Bernhard gestorben und am 16. Februar ist er begraben worden. Bei der Seelenmesse vier Monate später wurde auch eines dieser frühen Gedichte aus dem Zyklus "Neun Psalmen" gelesen, in dem es heißt: "Ich fürchte mich nicht mehr./Ich fürchte nicht mehr, / was kommen wird.// Ich trage meine Fische auf den Berg./ In den Fischen ist alles, / was ich zurücklasse. / In den Fischen ist meine Traurigkeit, - / und mein Scheitern ist in den Fischen. / Ich werde sagen, / wie herrlich die Erde ist, / wenn ich ankomme, / wie herrlich die Erde ist."

Service

"Der Ignorant und der Wahnsinnige" und "Ein Fest für Boris" in: Thomas Bernhard, "Stücke I", Suhrkamp Verlag
Thomas Bernhard (Hg.), "Christine Lavant. Gedichte", Bibliothek Suhrkamp
Thomas Bernhard, "Ereignisse", Suhrkamp Taschenbuch
Thomas Bernhard, "Heldenplatz", Verlag Suhrkamp
Thomas Bernhard, "Wittgensteins Neffe. Eine Freundschaft", Verlag Suhrkamp
Thomas Bernhard, "Holzfällen. Eine Erregung", Verlag Suhrkamp
Thomas Bernhard, "Auslöschung. Ein Zerfall", Verlag Suhrkamp
Thomas Bernhard, "Gesammelte Gedichte", Verlag Suhrkamp

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Sendereihe

Gestaltung

Übersicht

Playlist

Komponist/Komponistin: Johann Sebastian Bach/1685 - 1750
Titel: Goldberg - Variationen BWV 988 "Aria mit 30 Veränderungen" (Klavierübung Teil IV)
* Aria (00:03:05)
Solist/Solistin: Glenn Gould /Klavier
Länge: 03:05 min
Label: CBS CD 37779

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