Thomas Bernhard

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Gedanken für den Tag

Hubert Gaisbauer über Thomas Bernhard

"Zwei Minuten Finsternis" - Thomas Bernhard. Zum neunzigsten Geburtstag. Ein Nachdenken. Ja, man darf Thomas Bernhard lieben, meint Kulturpublizist Hubert Gaisbauer

In frühen Jahren, als Thomas Bernhard krankheitsbedingt viel Zeit zum Lesen hatte, sind ihm auch die Schriften einiger französischer Dichter und Philosophen untergekommen, darunter auch von Charles Péguy, einem unbequemen Außenseiter und unorthodoxen Katholiken.

"Das waren großartige Leute...", sagte Thomas Bernhard 1967 über Montaigne, Pascal und Charles Péguy. Péguys Motto einer von ihm herausgegebenen Zeitschrift war - fast möchte man sagen - simpel und lautete: "Die Wahrheit sagen, die ganze Wahrheit, nichts als die Wahrheit, dumm die dumme Wahrheit, langweilig die langweilige Wahrheit, traurig die traurige Wahrheit." Hier traf er sich gewiss mit Thomas Bernhard. Wenn man das weiß, dann klingen viele seiner Sätze immer noch unerbittlich, aber nicht mehr nur verzweifelt.

Gegen Ende des Romans "Auslöschung" geht Thomas Bernhard noch einmal mit seinem geliebt-gehassten Österreich heftig ins Gericht, wenn es auf Seite 648 heißt: "Die Gemeinheit ist die Parole, die Niedrigkeit der Antrieb, die Verlogenheit der Schlüssel dieses heutigen Österreich. ...Wohin wir in diesem heutigen Österreich gehen, wir gehen in die Lüge hinein..." Zitat Ende. Geschrieben wurde die "Auslöschung" in den frühen achtziger Jahren.

Auf der Hotelterrasse in Mallorca kommt das Gespräch zwischen Thomas Bernhard und Krista Fleischmann - wieder einmal - auf die Religion. Auf den Katholizismus, dem Bernhard ja immer vorwirft, dass er die Menschen unmündig hält. Bernhards Helden sind Außenseiter, die einen anderen, nämlich ihren Weg gehen. Unglücklich vielleicht, aber als Geistesmenschen.

Was ist Geist? "Geist", so Bernhard, "Geist ist überall, die ganze Welt erstickt ja fast am Geist, das wird erst was wert, wenn's zum Wort wird, ... ein lebendes Wort, mit der ganzen Vibration (er deutet mit beiden Händen auf die Kehle) das ist das Wertvolle, Unwiederbringliche, Unbezahlbare."

Service

"Der Ignorant und der Wahnsinnige" und "Ein Fest für Boris" in: Thomas Bernhard, "Stücke I", Suhrkamp Verlag
Thomas Bernhard (Hg.), "Christine Lavant. Gedichte", Bibliothek Suhrkamp
Thomas Bernhard, "Ereignisse", Suhrkamp Taschenbuch
Thomas Bernhard, "Heldenplatz", Verlag Suhrkamp
Thomas Bernhard, "Wittgensteins Neffe. Eine Freundschaft", Verlag Suhrkamp
Thomas Bernhard, "Holzfällen. Eine Erregung", Verlag Suhrkamp
Thomas Bernhard, "Auslöschung. Ein Zerfall", Verlag Suhrkamp
Thomas Bernhard, "Gesammelte Gedichte", Verlag Suhrkamp

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Sendereihe

Gestaltung

Übersicht

Playlist

Komponist/Komponistin: Johann Sebastian Bach/1685 - 1750
Titel: Englische Suite für Klavier Nr.1 in A-Dur BWV 806
* 7. Sarabande (00:04:05)
Solist/Solistin: Glenn Gould /Klavier
Länge: 04:05 min
Label: CBS M2K42268

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