ELA ANGERER
Salon Funk
Simon Stone: Die Influencerin im Pariser Salon
Der ORF Kulturpodcast mit Clarissa Stadler und Christine Scheucher. Eine Kooperation von ORF TV Kultur und Ö1
2. März 2021, 21:45
Er hat für die großen Bühnen des deutschsprachigen Raums gearbeitet, bei den Salzburger Festspielen Regie geführt und zuletzt für Netflix gedreht. Aktuell probt der australisch-schweizerische Regisseur Simon Stone an der Wiener Staatsoper Verdis "La Traviata", eine Inszenierung, die bereits an der Pariser Oper zu sehen gewesen ist und von manchen KritikerInnen als Opernsensation des Jahres gefeiert wurde. Simon Stone versetzt den klassischen Stoff, der in den Pariser Salons des 19. Jahrhunderts spielt, in bewährter Manier in die Gegenwart. Seine Violetta, verkörpert von der südafrikanischen Sängerin Prette Yende, ist keine Kurtisane. Sie mischt die Pariser Szene als Party-Girl und Influencerin auf. Gespiegelt wird das Bühnengeschehen von den medialen Inszenierungen Violettas, die mit dem Smartphone in Echtzeit kommentiert, was ihre Follower und Fans wissen wollen. Selbst an der Schwelle des Tods, der die Tuberkulose-Kranke unerwartet ereilt, hält Violetta an diesen medialen Selbstbespiegelungen fest. Sie werden zum Dreh- und Angelpunkt im Leben einer Frau, die sich in der feinen Gesellschaft bewegt und von dieser doch nie ganz akzeptiert wird. Aus Alexandre Dumas "Kameliendame", der literarischen Vorlage für Verdis "La Traviata", macht Theatervisionär Simon Stone ein klassenkämpferisches Sittengemälde, das aufzeigt, wie Eliten sich bis heute nach außen abdichten, um Teilhabe zu verhindern. Am 7. März findet die Premiere von Simon Stones "La Traviata" in ORF III statt. Wann die Inszenierung vor Publikum in der Wiener Staatsoper gezeigt werden kann, ist derzeit noch unklar.