Barbara Maier über Marc Aurel

23. April 2021, 06:56

Marc Aurel hat versucht, die Aufgabe, die ihm das Schicksal gestellt hat, zu akzeptieren und die damit verbundenen Anforderungen zu erfüllen. Er dürfte wohl Senecas Motto beherzigt haben: "Wenn du einwilligst, führt dich das Schicksal, wenn nicht, zwingt es dich."

Marc Aurel deswegen zu idealisieren, hätte ihm wohl auch selbst nicht gefallen: Sein Humanismus hat sich nicht als Pazifismus, nicht Gleichstellung aller Menschen, nicht als Befreiung der Sklaven und auch nicht als Beenden der Christenverfolgung zum Ausdruck gebracht. Marc Aurel lebte im Kontext seiner Zeit. Er wollte bewahren, nicht reformieren, er wollte die kosmische Ordnung im Imperium Romanum abbilden. Marc Aurel war als Philosophenkaiser, als der er viel später bezeichnet wurde, ein moralisches Vorbild. Vor allem war ihm an der Humanisierung des unvermeidlichen Umgangs mit der Macht gelegen.

Gute Führungspersönlichkeiten sind keine Opportunisten. Sie stellen das Gemeinwohl im Zweifelsfall über die eigenen Bedürfnisse. Das vermittelt die Lektüre der Selbstbetrachtungen von Marc Aurel. Sie hat einen anderen Tiefgang als die Selbstbespiegelung in den Social Media.

Philosophen zu lesen statt Management-Ratgeber, Auseinandersetzung mit sich selbst und den Verführungen der Macht statt Echolalie bei den eigenen Trabanten, das ist gerade in Zeiten der großen Herausforderungen wichtig. Menschen brauchen Vorbilder. Und diese sollen der Aufgabe einer rationalen Analyse der Situation, der sachlichen Aufklärung der Bevölkerung und der Orientierung an klar definierten Verhaltenskriterien nachkommen. Menschen brauchen Vorbilder, die so handeln, dass die Gemeinschaft geschützt wird.

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