Szene aus einer Inszenierung von "Woyzeck"

AFP/ANNE-CHRISTINE POUJOULAT

Ö1 Kunstsonntag: Tonspuren

"!! Bekanntmachung !!". Über Woyzeck wird der Stab gebrochen.
Feature von Stefan Weber

"Nächst bevorstehenden Freytag, den 27sten August 1824, wird auf hiesigem Markte der zum Tode verurtheilte Delinquent, Johann Christian Woyzeck hingerichtet werden." - "Mögen alle mit dem festen Entschlusse von dieser schauerlichen Handlung zurückkehren: Besser zu seyn, damit es besser werde." (Flugblätter an die Bevölkerung)
Es ist ein Großereignis. Nach 34 Jahren findet in Leipzig erstmals wieder eine Enthauptung statt.

Der verelendete Perückenmacher Woyzeck hat 1821 seine Geliebte, die Chirurgenwitwe Woost mit einer abgebrochenen Degenklinge erstochen. Er wird kurz nach der Tat gefasst und ist sofort geständig. Sein Pflichtverteidiger plädiert auf Unzurechnungsfähigkeit und beantragt ein ärztliches Gutachten über den Geisteszustand des Angeklagten. Die Folge: Ein dreijähriger öffentlicher Gelehrtenstreit über Schuld, Psyche und Sühne im Zeitalter des Pauperismus. Der Amtsarzt Hofrath Dr. Clarus setzt sich endlich mit seinem (zweiten) Gutachten durch und besiegelt so die Todesstrafe.

Die Urteile über diese Schrift sind zum Teil verheerend und lösen eine sozialhumanistische Debatte über Jahrzehnte aus. Auch Georg Büchner hat den Prozess verfolgt, er schreibt in seinem Dramenfragment "Woyzeck": "Der Mensch. Es ist viel möglich. Sehn sie, so einen schönen, festen grauen Himmel, man könnte Lust bekommen, einen Kloben hineinzuschlagen und sich daran zu hängen, nur wegen des Gedankenstrichels zwischen Ja - und Nein."

Sendereihe

Gestaltung

  • Stefan Weber

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