Grenzerkundungen Teil 5: Von Fratres über Litschau nach Gmünd

23. Mai 2021, 10:05

Kulturbrücke Fratres/Museum Humanum

Die kleine Ortschaft Fratres im Waldviertel befindet sich nur wenige 100 Meter von der tschechischen Grenze entfernt. Hier erwarb der Kunstsammler und Schriftsteller Peter Coreth nach dem Fall des Eisernen Vorhangs einen alten Gutshof. Seit Mitte der 1990er Jahre bespielt der gegründete Verein "Kulturbrücke" den Hof wie auch die tschechische Nachbarstadt Slavonice mit grenzüberschreitender Kultur. Außerdem zeigt das in Fratres eingerichtete "Museum Humanum" seit 1997 die über Jahrzehnte angewachsene, anthropologische Sammlung von Peter Coreth.


Kultur an der Grenze als Wirtschaftsfaktor - Litschau

Lange Zeit war in Litschau von Abwanderung geprägt. Geschäfte und Handwerksbetriebe schlossen, bis im Jahr 2007 Zeno Stanek begann, die Region rund um den Herrensee mit Kultur aufzuwerten. Festivals wie "Schrammel.Klang" und "Hin & Weg" entstanden. Diese ambitionierten Festivals haben in der ganzen Region Rückhalt und ermöglicht, sodass etliche Bewohner/innen Litschaus, die auspendeln müssten, Arbeitsmöglichkeiten in ihrem Heimatort fanden. Das Festival ist mit der Zeit zu einem Wirtschaftsfaktor für die Region geworden: Musik- und Theaterinteressierte übernachten in den Pensionen und Hotels, frequentieren die Restaurants und Kaffeehäuser, kaufen bei den Bauern der Umgebung ein. Mit einem Dreitages-Festivalpass hatte man freien Zugang zu allen Bühnen am Festivalgelände im Strandbad am Herrensee.


Treffpunkt an der Grenze - Gmünd

Die Stadt Gmünd befindet sich im nördlichen Waldviertel direkt an der tschechischen Grenze. Diese Grenze gibt es erst seit dem Zerfall der Habsburger Monarchie und der Aufteilung nach dem Vertrag von Saint-Germain im Jahr 1919. Dort, wo sich einst Gmünder Vororte befanden, ist heute die tschechische Nachbarstadt Ceské Velenice zu finden. Durch die Errichtung der Franz-Josephs-Bahn und der Bahnverbindung Wien - Prag wurden Gmünd und das damalige Gmünd-Bahnhof im 19. Jahrhundert zur "Mitte" zwischen den beiden Großstädten. Auch dem Schriftsteller Franz Kafka und der Journalistin und Übersetzerin Milena Jesenská diente Gmünd im Jahr 1920 als Treffpunkt zwischen Wien und Prag. Die Gmünder Neustadt zeugt heute noch von einem weiteren, historischen Kapitel der Stadt. Hier wurde 1914 ein Flüchtlingslager errichtet, das rund 200.000 Menschen über die Jahre des Krieges aufnehmen sollte.

Gestaltung: Jakob Fessler & Ursula Burkert

Service

Hinweise/Links
Museum Humanum in Fratres
Veranstaltungen der Kulturbrücke 2021 finden zwischen 26. Juni und 11. September statt.

Schrammel.Klang.Festival
09. - 11.Juli & 16. - 18. Juli 2021
Schrammel.Workshops: 13. - 15.Juli 2921
http://www.schrammelklang.at/

HIN &WEG. Tage für zeitgenössische Theaterunterhaltung
Freitag, 13. August bis Sonntag 22. August 2021
https://www.hinundweg.jetzt/

Das Haus der Gmünder Zeitgeschichte ist von Mai bis Oktober täglich geöffnet. Außerdem werden Führungen durch Gmünd Neustadt und das ehemalige Lager angeboten.

Das Internationale Kulturfestival ÜBERGÄNGE/PRECHODY findet heuer von 22. bis 25. Juli 2021 in Gmünd und Ceské Velenice statt. Neben Musik, Theater und Tanz, wird am 23. Juli 2021 eine Fachtagung zur Grenzbegegnung Milena Jesenská /Franz Kafka stattfinden.

Vergangenes aus Gmünd - Informationen über die Stadt Gmünd NÖ von einst

Themenweg Ge(h)schichten zweier Städte


Literaturhinweise
Thomas Samhaber (Hrsg.)
Begegnung an der Grenze - Milena Jesenská und Franz Kafka in Gmünd
Verlag Bibliothek der Provinz

Manfred Dacho, Franz Drach, Harald Winkler
Am Anfang war das Lager - Gmünd Neustadt
Verlag Bibliothek der Provinz


Kostenfreie Podcasts:
Ambiente Reise-Shortcuts - XML
Ambiente Reise-Shortcuts - iTunes
Franz Drach
Borchat, Glås & stoareich - Zeitgeschichte der Menschen des Bezirkes Gmünd
Verlag Bibliothek der Provinz

Julia Köstenberger
Grenzenlos Radeln - Die schönsten Touren zwischen Österreich und Tschechien.
Falter Verlag

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• Ursula Burkert