Hubert Gaisbauer über Joseph Beuys

28. Mai 2021, 06:56

Nur die Biene hat es geschafft, dass ihr in einem der schönsten liturgischen Texte Lob gesungen wird, im Exultet der Osternacht. Da wird das Licht der Flamme gerühmt, die genährt wird vom schmelzenden Wachs, das der Fleiß der Bienen für die Kerze bereitet hat.

Joseph Beuys war der Prophet lebendiger und lebensnotwendiger Wärme. Wir brauchen alles, was uns wärmt, damit wir wachsen und uns entwickeln können. Dass Joseph Beuys in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine physikalische Eigenschaft - die Wärme! - mit seiner Idee der sozialen Plastik in den Mittelpunkt seiner künstlerischen Überlegungen stellte, ist paradox. Die drohende Erwärmung des Planeten hat ja ohne Zweifel mit der zunehmenden sozialen Kälte wirtschaftlicher Dominanz zu tun.

Beuys erklärte das soziale Miteinander der Menschen unter dem Begriff "Soziale Plastik" zum Kunstwerk. Wärme ist dabei das Schlüsselwort. Filz und Fett, seine populärsten Materialien sind wärmespeichernd, Wachs und Honig sind wärmespendend, dazu kommt Kupfer als Leit- und Verbindungselement.

In einem Gespräch vom Dezember 1975 sagte Beuys, dass sich Wärme vorbildlich "bei der Biene mit dem Begriff der Brüderlichkeit und des gegenseitigen Zusammenarbeitens" verbindet. ".Während ich selbst von den Leistungen anderer lebe, gebe ich wieder etwas an andere ab... Wo gegenwärtig die Entfremdung zwischen den Menschen sozusagen als eine Kälteplastik sitzt", sagt Beuys, "da muss eben die Wärmeplastik hinein."

Alles Fließen - elektrischer Strom, Licht, Wärme, Rede, Honig, Gedanke - ist "die allgemeine, offene, lebendige, fließende Substanz, die am besten dadurch charakterisiert wird, . dass sie Wärmecharakter hat."

"Mache weich, was spröd und hart / heißt es in der 800 Jahre alten Pfingstsequenz, wärme, was von Frost erstarrt / heile, was verwundet ist / tränke, was da dürre steht".

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• Gedanken für den Tag

Gestaltung

• Alexandra Mantler