Musiker des Ensemble des XX. Jahrhunderts stehen vor einem Gebäude

FODOR

Zeit-Ton

Von Webern bis Mitterer: 50 Jahre eXXj

Das Jubiläumskonzert des ensemble XX. jahrhundert unter Peter Burwik aus dem Wiener Konzerthaus

Die Pflege der Neuen Musik seit den Aufbrüchen und Umbrüchen nach 1900 sowie 1945 und parallel dazu die Geburtshilfe für Werke der unmittelbaren Gegenwart haben die von Peter Burwik ins Leben gerufene und bis heute geleitete Interpret/innenschar des ensembe XX. jahrhundert (kurz: eXXj) zu einer Institution des österreichischen Musiklebens gemacht.

Dennoch und gerade deshalb ist ein halbes Jahrhundert eXXj Grund zum Feiern, und auch "Zeit-Ton" gratuliert: mit einem "Zeit-Ton extended", in dem Peter Burwik zu Gast ist (Sonntag, 13. Juni 2021), sowie mit dieser Ausgabe, die einen Mitschnitt des Geburtstagskonzerts aus dem Berio-Saal des Wiener Konzerthauses vom Dienstag, 8. Juni 2021 präsentiert. Mit Musik von Anton Webern und Karlheinz Stockhausen wirft das Ensemble dabei seinen stets frischen Blick auf zentrale ästhetische Positionen vor und nach dem Zweiten Weltkrieg, um mit Pierluigi Billone sowie einer selbst in Auftrag gegebenen neuen Komposition von Wolfgang Mitterer bereits das 21. Jahrhundert zu Wort kommen zu lassen.

Gelegenheitswerke: So nennt man gewöhnlich mit etwas apologetischem Unterton jene Stücke, denen ein äußerer Anstoß zur Existenz verholfen hat - und impliziert dabei, dass sich der innere Antrieb anderswo verwirklicht hätte. Dabei zeigt ja etwa gerade die Geschichte Peter Burwiks und seines ensemble XX. jahrhundert, dass man sich Gelegenheiten auch selbst schaffen muss, um zu zeigen, was einem ein Anliegen ist.

Das Jubiläumskonzert zu 50 Jahren eXXj wird mit einem der großen Geburtstagsgeschenke der Wiener Schule eingeläutet, dem Konzert op. 24 von Anton Webern, das dieser 1934 Arnold Schönberg zu dessen Sechziger gewidmet hat: Komponieren mit einer Zwölftonreihe, die aus vier Varianten eines einzigen Dreitonmotives besteht, der Keimzelle. Da ist der Schritt zu Karlheinz Stockhausens "Kontra-Punkten" von 1952/53 nicht weit, einem Schlüsselwerk des Serialismus: Von zehn gleichberechtigten Instrumenten und ihren punktuellen Einzeltönen entwickelt sich diese Musik zu immer klareren Linien von immer weniger Teilnehmern, bis am Schluss das Klavier übrigbleibt.

2012, in einer ganz anderen Welt also, hat sich Pierluigi Billone für "Dike Wall" von einer der griechischen Horen inspirieren lassen, drei Göttinnen, die am Webstuhl sitzen und das menschliche Leben weben. Dike wacht dabei über die moralische Gerechtigkeit, "Feindin der Ungerechten, doch freundlich gesinnt den Gerechten" (Orphische Hymnen). Steht ein solcher Drang zur Fairness im Widerspruch zu dem, was Wolfgang Mitterer mit seinem Titel "sorglos" andeutet? Als "a remix of different ideas" bringt diese Uraufführung eines Auftragswerks des eXXj jedenfalls mit Elektronik eine weitere Farbe ein und verspricht einen unbeschwerten Tonfall: eine willkommene Gelegenheit.

Service

ensemble XX. jahrhundert

Sendereihe

Gestaltung

  • Walter Weidringer