Prokofjew und Schostakowitsch

30. Juni 2021, 14:05

Verneigung und Selbstbestimmung

Prokofjews Symphonieerstling, die Symphonie classique, wurde 1917, wenige Wochen vor der Machteroberung der Bolschewiken, begonnen. Das Werk ist einerseits eine Verbeugung vor dem 18. Jahrhundert, andererseits ist die motorische Dynamik erkennbar, die eines der Markenzeichen Prokofjews werden sollte. Man müsse, so hat der Dirigent Kirill Karabits einmal gesagt, den Grund erklären, oder hörbar machen, warum so komponiert wurde. Es gehe nicht um ein Imitat von Haydn und Mozart: Prokofjew habe mit der Symphonie classique eine Selbstbestimmung vorgenommen.


Scherz, Satire, Ironie? Tiefere Bedeutung?

Das Konzert für Klavier, Trompete und Streichorchester von Schostakowitsch wurde 1933 von den Leningrader Philharmonikern uraufgeführt. Den Klavierpart spielte der Komponist selbst. Nach der Verkündung des Dogmas des "Sozialistischen Realismus", das Komponisten einen "volksnahen Stil" diktierte, verschwand das Werk bis nach Stalins Tod (1953) aus sowjetrussischen Konzertsälen.
Die Trompete erinnert an Elemente der Unterhaltungsmusik, während das Klavier gleich im 1. Satz Beethovens "Appassionata"-Sonate zitiert und auf Rachmaninow-Manierismen anspielt. Wie ist der Mix aus weiteren Anspielungen (Haydn, Tschaikowskys Melodik) und Zitaten aus zeitgenössischer Schlagermusik, aus Ravels Klavierkonzert G-Dur oder im Schlusssatz aus Beethovens Rondo "Alla Ingharese quasi un Capriccio" (besser bekannt als "Die Wut über den verlorenen Groschen") zu verstehen? Der Mix könnte zugleich als -sehr vergnügliche - Verneigung vor der Tradition und als Kritik sowohl ihrer Verklärung durch die Machthaber wie auch an versteinerten Hörtraditionen aufgefasst werden.


Ohne künstlerischen Wert

Sein 2. Klavierkonzert sei "ohne jeglichen künstlerischen Wert." So, wohl augenzwinkernd, Schostakowitsch selbst. Er schrieb es 1956 für seinen Sohn Maxim, der es als Teenager 1957 im Rahmen seines Studienabschlusses am Moskauer Konservatorium uraufführte. Vater Schostakowitsch hat das Konzert selbst des Öfteren aufgeführt und es gemeinsam mit seinem ersten Klavierkonzert aufgenommen. Nicht nur Sohn Maxim hat es immer wieder gespielt, auch Enkel Dmitri Maxim Schostakowitsch.

Sendereihe

• Das Ö1 Konzert

Gestaltung

• Peter Kislinger