Philipp Ther - ORF/URSULA HUMMEL-BERGER
Punkt eins
Der neue Historikerstreit: Wie einzigartig ist die Shoa?
Darf man den Völkermord der NS-Zeit im Kontext der Kolonialgeschichte interpretieren, und was ändert sich dann?
Gast Univ. Prof. Dr. Philipp Ther, Sozial- und Kulturhistoriker, Universität Wien.
Moderation: Philipp Blom
Anrufe kostenlos aus ganz Österreich unter 0800 22 69 79
E-Mails an punkteins(at)orf.at
17. August 2021, 13:00
Die Geschichte der NS-Diktatur und der Erinnerung daran kommt nicht zur Ruhe. In der unmittelbaren Nachkriegszeit ging es erst einmal um Anerkennung der Verbrechen und der Verantwortung dafür. Eine zweite Generation von Historikerinnen und Historikern bewertete diese Geschichte neu. Gegen konservative Historiker wie Ernst Nolte, die den Völkermord für eine Art Betriebsunfall der deutschen Geschichte hielten, verankerten sie die Idee, dass die Shoa historisch einzigartig und unvergleichbar sei.
Nun hat der Essay "Der Katechismus der Deutschen" des australischen Historikers Dirk Moses eine neue und hitzige Diskussion losgetreten. Moses argumentiert, dass man im Rahmen der international geführten postkolonialen Debatte auch die Shoa durchaus im Kontext deutscher Kolonialverbrechen und des Kolonialismus überhaupt sehen sollte, und dass ein Beharren auf der historischen Einzigartigkeit der Shoa weder hilfreich noch intellektuell ehrlich sei, sondern lediglich eine Ritualisierung der Geschichte darstelle. Seine Gegner werfen ihm und seinen Unterstützern vor, dass sie die Verbrechen der Nationalsozialisten verharmlosen und letztendlich antisemitisch argumentieren würden.
Was bedeutet diese Debatte für die die heutigen Gesellschaften Deutschlands und Österreichs, gerade auch im Hinblick auf die politische Situation im Nahen Osten, auf Migration und Demokratieverständnis? Philipp Ther ist Professor für Geschichte an der Universität Wien mit Fokus auf neue europäische Geschichte, Vertreibung und Nationalismus. Im Gespräch mit Moderator Philipp Blom und mit unseren Zuhörer*innen denkt er nach über den neuen Historikerstreit, über neue historische Perspektiven und verlagerte Schwerpunkte im Verständnis von Geschichte, über die Gefahr, Beifall von der falschen Seite zu erhalten, über Antisemitismusvorwürfe und offene Debatten und darüber, wie sinnvoll und wirkmächtig historische Vergleiche sind.
Beteiligen Sie sich an dem Gespräch unter 0800 22 69 79 während der Sendung oder unter punkteins(at)orf.at
Sendereihe
Playlist
Urheber/Urheberin: Jean-Philippe Rameau
Titel: Tambourins I & II - aus "Dardanus", Oper < Tragedie en musique > in 5 Akten
Leitung: Marc Minkowski
Orchester: Les Musiciens du Louvre, Grenoble
Länge: 01:45 min
Label: DG
Urheber/Urheberin: Jean-Philippe Rameau
Titel: Air gracieux - aus "La Naissance d'Osiris" - Acte de ballet
Leitung: Marc Minkowski
Orchester: Les Musiciens du Louvre, Grenoble
Länge: 02:12 min
Label: DG
Urheber/Urheberin: Jean-Philippe Rameau
Titel: Rigaudons I & II - aus "Nais" <"opéra pour la paix">, Pastorale heroique in einem Prolog und 3 Akten / Prologue : L'accord des dieux
Leitung: Marc Minkowski
Orchester: Les Musiciens du Louvre, Grenoble
Länge: 02:24 min
Label: DG