Unterschiedliche Glühbirnen.

AFP/PAUL J. RICHARDS

Punkt eins

Wie ein fast vergessenes Paradox die Energiewende gefährdet

Rebound-Effekte als Achillesferse der Energieeffizienz: Warum Energie-Sparmaßnahmen oft zu Mehrverbrauch führen.
Gast: Dr. Sebastian Seebauer, Experte für Internationale Klimapolitik und -ökonomik, LIFE Institut für Klima, Energie und Gesellschaft, Joanneum Research Graz.
Moderation: Barbara Zeithammer.
Anrufe kostenlos aus ganz Österreich unter 0800 22 69 79
E-Mails an punkteins(at)orf.at

Es schien schon fast wie die sprichwörtliche "gmahde Wiesn": Etwa die Hälfte der CO2- Emissionsminderungen bis 2030 könne durch Energieeffizienz erreicht werden, machten Studien Hoffnung auf Einsparungen mittels Technologien, die uns die Energiewende leicht machen sollten. Doch das Gegenteil ist der Fall.

Vor einer Woche, am 17. August, erlangte eine Warnung des Wirtschaftsforschungsinstituts WIFO viel Aufmerksamkeit: Der Energieverbrauch muss um zumindest ein Viertel reduziert werden, sonst verpassen wir die Klimaziele. Trotz LED-Leuchtmittel, Wärmedämmung, E-Autos und A+++ Geräten steigt der Energieverbrauch weiter an. Ein fast vergessenes Paradox kommt hier zum Tragen, der so genannte Rebound-Effekt: ein effizienterer Umgang mit Ressourcen führt nicht dazu, dass sie eingespart werden können. Die Hintergründe sind komplex, die Erscheinungsformen vielfältig und nahezu auf allen Ebenen (vom Individuum bis zur globalen Wirtschaft) feststellbar. Der Rebound-Effekt wurde bereits 1865 beschrieben, geriet dann in Vergessenheit und gilt heute als die Achillesferse der Energieeffizienz: Langfristig könnten diese Rebound-Effekte in Summe die Hälfte der Energiesparpotenziale von Effizienzmaßnahmen zunichtemachen, so Schätzungen.

Erwartete Energiespareffekte treten beispielsweise oft nicht ein, weil sich die Nutzerinnen und Nutzer nicht so verhalten, wie erwartet. Mit dem "umweltfreundlichen" Auto fahren sie öfter. Haushaltselektronik bleibt im Standby-Betrieb. Längst hat jeder Haushalt mehr als einen Flachbild-TV-Apparat. Und die Digitalisierung wird zum Boomerang, wenn man sich die Folgen der sensationell gestiegenen Energieeffizienz der Rechenleistung vor Augen hält: ein Rechenzentrum verbraucht so viel Strom wie eine Kleinstadt, Kryptowährungen gar so viel wie ganze Länder. Zehn Prozent des weltweit produzierten Stroms werden allein für den Betrieb des Internets aufgewendet, der Großteil für Video-Streaming.

Dr. Sebastian Seebauer forscht seit Jahren in mehreren Projekten zum Rebound-Effekt am LIFE Institut für Klima, Energie und Gesellschaft, Joanneum Research Graz, beispielsweise zu psychologischen Hintergründen aber auch zur Frage, welche politischen Maßnahmen eingesetzt werden können, um die Energieeffizienz in privaten Haushalten zu steigern und den Rebound überwinden zu können.

Mit Einblicken in die Erforschung des schwer fassbaren Phänomens, Seitenblicken auf andere Effekte (wie Konsumbedürfnisse) und Ausblicken auf eine nachhaltige Politik ist der Experte für Internationale Klimapolitik und -ökonomik zu Gast bei Barbara Zeithammer.

Reden Sie mit und berichten Sie uns von Ihrem Umweltbewusstsein und Nutzungsverhalten, von Ihren Überlegungen zur Energieeffizienz und von dem Gefühl der Genügsamkeit (Suffizienz): Sie erreichen uns unter der Telefonnummer 0800 22 69 79, kostenlos aus Österreich, und per E-Mail an punkteins(at)orf.at

Sendereihe

Gestaltung

  • Barbara Zeithammer

Playlist

Komponist/Komponistin: Ludovico Einaudi/geb.1955
Album: UNA MATTINA / LUDOVICO EINAUDI
Titel: Ancora - für Klavier
Solist/Solistin: Ludovico Einaudi /Klavier
Länge: 02:55 min
Label: Decca/Universal 4756292

Komponist/Komponistin: Ludovico Einaudi/geb.1955
Album: UNA MATTINA / LUDOVICO EINAUDI
Titel: Nuvole bianche - für Klavier
Solist/Solistin: Ludovico Einaudi /Klavier
Länge: 02:37 min
Label: Decca/Universal 4756292

Komponist/Komponistin: Ludovico Einaudi/geb.1955
Album: UNA MATTINA / LUDOVICO EINAUDI
Titel: A fuoco - für Klavier und Violoncello
Solist/Solistin: Ludovico Einaudi /Klavier
Solist/Solistin: Marco Decimo /Violoncello
Länge: 00:56 min
Label: Decca/Universal 4756292

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